18 Mai 2008

Vatertag ...

... kam mir da nur in den Sinn. Denn man sah allenthalben engagierte Daddies mit ihren Kleinen Fahrradfahren üben. In trauter Zweisamkeit kümmerten sich Heerscharen von Erzeugern darum, ihre Kinder in die Geheimnisse des Straßenverkehrs einzuweihen.

Wobei ich mit der Zeit und nach eingehendem Studium dieses Phänomens dann durchaus vermochte, Unterschiede in den pädagogischen Vorgehensweisen zu erkennen: Die Klassifizierung der Väter kann demnach in drei Hauptgruppen vorgenommen werden.

1. Der Safety-first!-Typ
Er geht mit gutem Beispiel voran. Er ist voll ausgestattet mit Bein- und Armschonern, Sturzhelm und Handschuhen. Einige Exemplare haben sich und ihren Kleinen zudem Signalflaggen an schlingernden 4 Meter-Masten an die Gepäckträger geschraubt.

Natürlich ist auch das Kind eingepackt, manchmal erkennt gar nicht, ob Junge oder Mädchen in der schockabsorbierenden Plastikrüstung steckt.

Und so hangeln sich die zwei von Ampel zu Ampel, wobei Vati diese Stopps dann nutzt, um seinem Sprössling in Rotphasenintervallen die Verkehrsregeln zu erklären - und in Hamburg gibt es VIELE Ampeln ... der Kleine indes schaut meist anteilnahmslos umher, zurrt mal hier mal da am zwickenden Safety-Equipment und nickt, wenn Papa was über "rechts vor links, hörst Du, Marc?" erzählt.

2. Der Multitasker
Beiweitem nicht so gut ausgestattet, wie Straßenverkehrs-Vater-Typus 1. Er radelt meist in legére Tennisklamotten gehüllt hinter seinem Kind her. Ab und zu redet er mit ihm oder ihr, aber meist lässt er lange Leine - schließlich radelt die kleine Steffi nicht zum ersten mal, die kann das ja schon so toll, hat ein ganz neues 18-Gang-Barbie-Bike und außerdem kennt sie den Radweg ja auch in- und auswendig. Denn hier muss Daddy sie ja auch jeden zweiten Tag und Samstags zum Reitunterricht bringen.

Locker mit einer Hand sein Trekkingrad steuernd telefoniert Typ 2 auch mal gern am Handy, checkt am PDA die Termine für nächste Woche oder beschaut sich den neuen Chayenne, den sich die andere Anwaltsfamilie seiner Straße letzte Woche zugelegt haben.

3. Der RTL II-Typ
Diesem Daddy steht der Ärger über das Ausscheiden Michael Schumachers aus der Formel 1 noch immer ins Gesicht geschrieben - wäre doch jetzt, 13 Uhr, Start zu einem spannenden Rennen, welches er (freilich nicht auf RTL II) nun bei einem kühlen Oettinger pro Stunde genießen könnte. Aber dem Kubica will er nicht zuschauen, das ist nicht mehr sein Ding.

Statt dessen kann er ja nun "mal raus gehen und was mit der Tochter machen", wie ihm seine Frau eindringlich bei den sonntäglichen Spirelli-mit-Tomatensauce geraten hat.
Und so trottet er - der einzige Typus ohne eigenes Fahrrad - zigarettenrauchend hinter seiner Janice her, die sichtlich Spaß hat, mit ihrem pinken Prinzessinnen-Fahrrad über Kastanien zu fahren.

Ab und zu raunt er ihr etwas zum Thema Sicherheit und "guck nach vorn!" hinterher, aber Janice hat gelernt, wie sie das aufzunehmen hat.

Natürlich könte man diese Klassifizierung noch verfeinern. Und auf geografische Gegebenheiten, das heißt unsere Stadtteile, übertragen. Aber mein Sozialpädagogik-Studium habe ich nicht umsonst abgebrochen.
Jedenfalls ein schöner Anblick, wie sich die Daddies da gekümmert haben, egal ob Typ 1, 2 oder 3. Hauptsache die Kleinen haben Spaß und lernen was dabei.

Satz des Tages: "Schau nach vorn, sonst stirbst Du!"

Was ich mich jedoch die ganze Zeit frage: Wo waren die Mütter? Oder ist das Fahrradfahrbeibringthema auch so eine Männersache?

Hamwa wieder was gelernt ...

Á propos gelernt: Eigentlich hatte ich vor nach Friedrichsruh, dem Landsitz des Fürsten Bismarck, seines Zeichens Eiserner Kanzler und Reichgründer, Erfinder der Sozialversicherung und eines gerollten Fischsnacks zu fahren.

Das Schloss habe ich leider irgendwie mal wieder nicht gefunden. Dafür aber das älteste Seat-Autohaus Hamburgs. Auch was.

Da fragt man sich doch: Seat gibts schon seit 30 Jahren? Wahnsinn. Daran merkt man dann wohl auch, dass man langsam älter wird ...

Pulsbeschleunigung gab es dann noch auf dem Weg zurück zur City Nord, als ich mit ca. 35 Sachen einen Radweg (und für Hamburger Radwege ist alles über 30 Rekord ...) hinabschoss und plötzlich hinter einer kleinen Kurve eine Frau auf dem Gehsteig liegen sah.

Schock!

Ein Mann hatte sich schon über sie gebeugt und drehte sie gerade in die stabile Seitenlage. Als ich ankam, erreichten noch zwei andere Radfahrer den Ort des Geschehens sowie ein Gelber Engel vom ADAC.

Die Frau war gestürzt, Rollerbladerin, ihr Partner schnallte ihr gerade Schuhe und Helm ab. Sie stöhnte und schrie fast. "Soll ich einen Notarzt rufen?" fragte ich.
Nein, nein, alles okay, meinten beide.
"Äh, echt?"
"Ja, ja, das passiert ihr ständig." sagte er, seinen stöhnenden Schatz weiter von Protectoren befreiend.
Aha.

Da beruhigte sich der Herzschlag wieder - sie war über einen Huckel gefahren, hatte die Kontrolle verloren und war wohl ziemlich unsanft auf ihrem Po gelandet. Alles halb so wild. Und so ließ ich sie an meiner Apfelschorle teilhaben, wir schnackten noch eine Runde und philosophierten über die katastrophalen Zustände der Radwege in unserer schönen Hansestadt und dann gings weiter - heim.

Leider hatte mir das Regenwetter am Samstag einen Strich durch die Rechnung gemacht, denn usprünglich wollte ich ja nach St. Peter Ording, mein Zelt-Equipment ausprobieren, aber das mache ich dann eben nächstes Wochenende. Dafür konnte ich gestern auch wieder mal schön mit der Mu den Kiez abtanzen, was der Mensch ab und zu ja auch mal braucht.

Kleine Sonntagsrunde, heute gefahren: 49,97 km in gemütlichen 2 h 44 min und stadtverkehrsbedingten 18,23 km/h Durchschnitt.

Okay, okay, es hätte auch heißen können: "Schau nach vorn, sonst stürzt Du!", aber wer versteht schon jedes Wort an einer vielbefahreren Kreuzung?

1 Kommentar:

drea hat gesagt…

"ja, schau nach vorn, sonst stirbst du" ist ein klassiker, prägnant, kurz und gut bei einschlägigen erziehungsmethoden. wie kann mann sonst die egoshooterjugend von heute erreichen? nur der stärkere gewinnt. verweichlichte spielereien im sandkasten sind vorbei, jetzt wird in treibsand gespielt. auch das spiel blinde kuh kombiniert mit ich sehe, was was du nicht sihest.. sieht mann heut mit ganz neuen augen. kopfschlagen, verrecken und die reise nach jerusalem wurden aufgefrischt. mal ehrlich, wie realistisch wäre heute noch stuhltanz? spiele, das haben wir im instinkt, sollen den nachwuchs schließlich auf das leben vorbereiten und das ist bekanntlich hart. von der natur lernen, bedeutet auch von der natürlichen auslese lernen. es kann nur einen gewinner geben, obwohl stille post da vieleicht einen tiptopschrittt zu weit geht?! ...armer schwarzer kater.