13 Mai 2008

HH - Laage Tag 4 "Hitzeschlacht und ganz neue Seiten meiner Heimatstadt"

Recht spät ging es los bei meinem Bruder, wobei ein Frühstückstermin um 9 Uhr angesichts der vertilgten Alkoholmengen allerdings trotzdem noch als recht zeitnah zu bezeichnen wäre. Da ich mich selbst klugerweise bereits 1 Uhr aus der illustren Cherry-Runde entfernt hatte, wohlwissend, dass am nächsten Tag eine nicht ganz so lockere Etappe anstehen würde, kam ich auch relativ katerlos aus dem Bett, obwohl ganz hinten im Kopf ein paar Katzen miauten.

Noch einmal im Kreise der Familie gefrühstückt, die Sachen eingepackt und Punkt 10 Uhr rollte die Speedmachine vom Hof und über das holprige Kopfsteinpflaster Laages. Machts gut, Ihr Lieben, das war wirklich ein schönes Wochenende bei Euch!

Die Route war klar, und das Ziel auch - in einem Ritt durch nach Hamburg!

Von Knieschmerzen blieb ich auch an diesem Tag zum Glück verschont und so gestaltete sich die Fahrt anfänglich auch recht flott. Doch die Hitze machte mir schnell zu schaffen: Flimmernd standen die hohe Plusgrade des Zwanzigerbereiches über dem heißen Asphalt, der Fahrtwind - da Rückenwind zum Glück - kühlte kaum und schon nach den ersten Kilometern im pfingtsheißen Reiseverkehr schwitzte ich wie ein Tier und schnaufte.

Tempo reduzieren war angesagt. Und viel trinken. Denn nur so kann ich meinen Körper vor dem Abkacken schützen aus den gefahrenen Kilometern Muskelmasse bauen.

Nervig war die Blechlawine, die sich den ganzen Tag über an mir vorbeizwängte. Aber stoisch, wie in Trance auch hier meine Reaktion - irgendwann sind einem die Autos dann auch egal, vor allem am Berg, wenn man selbst nur mit 8 km/h vorankommt. Leute, dann müsst Ihr halt mal warten ...!

Durchs Teletubbieland, Berg hoch Berg runter, ging es. Weiche, grüne Hügel standen vor gewohnt grandiosem Himmelsblau. Und tatsächlich fehlten in dieser Kulisse nur noch die bunten Tubbies, die ich mir aber dank nahendem Hitzschlag ganz gut einbilden konnte. Das helle Grün keimenden Getreides wechselte wenig später wieder ins blendende Gelb der unendlichen Rapsfelder.

Gleichförmig, fast in Trance trat ich in die Pedale und freute mich über jede noch so kleine Waldpassage - durch hohe Nadelgehölze zu fahren, die würzige Kühle zu atmen war willkommene Abwechslung und kreislauftechnisch auch gar nicht so unklug.

Gegen Mittag erreichte ich Sternberg und lenkte mein Rad immer weiter gen Westen - Schwerin, die Landeshauptstadt Mecklenburgs, war mein Ziel.

Wer den Schweriner See kennt der weiß, wie schön es dort ist. Und pünktlich zur Mittagshitze, die auf offenem Feld unerträglich gewesen wäre, konnte ich mich über einen nagelneuen Radweg, kühles See-Aroma und viel Wald freuen - Schwerin war nicht mehr weit. Allerdings entsponn sich wieder ein wildes Gekurve, Stop & Go-Verkehr und nervenaufreibendes Überholmassaker, denn Tausende schienen genauso bekloppt wie ich zu sein und befuhren ebnenjenen Traumradweg - im Schritttempo. Und nebeneinander.

Dann Schwerin durchfahren, dem Schloss gewunken und weiter ging es auf der B 104 Richtung Lübeck.

Irgendwann war die Hälfte geschafft und Ratzeburg nicht mehr weit. Auch der fiese Hellberg und die Terror-Radwege im Herzogtum Lauenburg konnten mich nicht mehr schrecken. Ich nahm mir Zeit, auch wenn es mal nur mit 10 km/h voran ging - ankommen war das Ziel.

Und wie im Traum - stupide tretend, ständig schaltend und ein ums andere mal Wassr trinkend - erreichte ich schließlich Ratzeburg, dann Mölln und nun sagten mir die Hinweisschilder, dass es nicht mehr weit nach Hamburg sein sollte.

Was auch stimmte - und gegen 18:30 Uhr hatte mich meine Hansestadt wieder. Allerdings, und da begann das Drama, fuhr ich in Rahlstedt über die Stadtgrenze, ein Stadtteil, dem ich noch nicht vorgestellt worden war. Und so kurvte ich, irgendwelche Hinweisschilder auf den Airport suchend, mit leeren Reserven durch fast leergefegte Straßen und - aus Pein werde ich die gefahrene Strecke nicht nachrecherchieren - fragte mich bei etwa 1.000 Rahlstedtern durch.

Mittlerweile, das muss ich zugeben, hatte ich dann auch die Schneuze voll vom Radfahren.

Wofür ich sonst maximal eine halbe bis Dreiviertelstunde brauche, nämlich das Durchqueren der Stadt, benötigte ich geschlagene 1,5 Stunden. Dabei lernte ich viele neue Tankstellen, Dönerbuden und geschlossene Einkaufspassagen kennen. Und zu guter Letzt verfuhr ich mich noch in einem Parkhaus (!) des Airports, denn ich schaffte es jahrelang nicht, den richtigen Ausgang zu finden, der mich auf die Ankunftsebene, und damit auf den Weg nach Hause bringen sollte.

Aber, Ende gut alles gut, schließlich konnte ich pünktlich um 20 Uhr meine Wohnung aufschließen, mich entkleiden und den von einer Hitzeschlacht sondergleichen gezeichneten, an Knie und Hals förmlich verbrannten Körper in der Duschkabine reinigen.

Neuer Rekord für Einzeletappen: Gefahren heute 179,45 km in Po-killenden 8 h 50 min und 20,31 km/h Durchschnitt.

Für die Tour insgesamt: 407 km gefahren

Keine Kommentare: