01 Mai 2008

HH-COE Tag 6 "Jumpin´ Kreuzband und back home"

Mein Hotel in Wildeshausen ließ mich schlafen. "Frühstück gibt es bei uns ab Acht, der Herr" sagte gestern noch die nette Dame im schwarzen Servicedress, als sie mir mit Schwung die Spätzle servierte. Also war ausschlafen angesagt, anders als sonst, sollte ich nicht ab 6:30 Uhr meinen morgendlichen Hunger stillen dürfen.

Und so blieb ich liegen und dämmerte unruhig vor mich hin - ich wollte schließlich los. Nach Hause! Doch was hörte ich da durch die pechschwarz machenden Vorhänge? Verhasstes, gefürchtetes Geräusch: Es pladderte. Es goss wie aus Eimern. Regen.

Scheiße.

Gefangen in Wildeshausen. Noch eine Regenschlacht mache ich nicht mit, auch wenn das heute die letzte Etappe sein sollte. Zumal, wären 130 km in strömendem Regen zu bewältigen? Wieder frieren. Wieder nichts sehen durch Brillenflut und Autogischt. Nein, nicht mit mir. Was für eine Scheiße.
Gefangen in Wildeshausen. Dachte ich mir noch so und schlief ein.

Bis ich pinkeln musste und schläfrig auf der Schüssel sitzend meinen Blick nach rechts aus dem unverhüllten Badezimmerfenster warf - es schien die Sonne. Strahleblauer Himmel. Trockender Asphalt. Was war geschehen? Träumte ich tag?

Ich spitzte meine Ohren - Da setzte es wieder ein, das Pladdern, das Tosen, das Strömende-Regen-Geräusch. Es kam die ganze Zeit aus den Nachbarzimmern über und neben mir. Der Monsun meiner Träume waren lärmende Duschen.

Gefrühstückt. Das dickste Ei gewählt - Eiweiß für die Muskeln. Zimmer bezahlt.

Ich zur Rezeptionistin: "Haben Sie einen tollen Trick, wie ich am besten nach Harpstedt komme?"
Rezeptionistin, bedeutsam mit Augenzwinkern: "Der Trick ist Ihr Fahrrad."
Ich: "Ah ... Danke ..."

Losgedüst und dieses tolle Wetter genossen. Meine halben Hände dem UV-Beschuss dargeboten, mich erfreut an Rückenwind, der mich kilometerweit im höchsten Gang und mit beständigen 24 - 25 km/h über das Bitumen fliegen ließ. Ein wahrer Genuss.

Bis mir das rechte Knie stechend wie nie zuvor bei jeder Umdrehung Tränen in die Augen trieb. Ich stöhnte. Wäre ich nicht eingeklickt gewesen, ich hätte mich gewunden vor Pein. Wie Nadeln im Knie. Wie ein Handbohrer mit Holzaufsatz bei höchster Umdrehung - rein, tief reinstecken, anschalten. Es war die Hölle! Aber nur kurz. Dann ging es wieder. Und während der Schmerz abklang, ich aufatmen konnte, wieder mal einen Blick weg vom Knie auf die Straße richten wollte, kam sie, die nächste Pein-Attacke.

Nach 60 km - nur noch das linke Bein trat. Nichts mehr mit Rückenwind. Kein Asphaltfliegen mehr.

Nur jetzt ja keine Kraft auf die Sehnen!

Dann hielt ich es nicht mehr aus. Suchte einen Feldweg, parkte die Speedmachine und stieg schreiend aus dem Sitz. Ins Gras geplumst, die Beine entblößt lag ich in der Sonne. Sah das schöne Wetter an mir vorbeiziehen und massierte Franzbranntwein in die Knie. Als ob das was helfen würde.

Ich aß noch 2 Bananen. Werden ja auch nicht besser, die Dinger, in der schwarzen Tasche und der Sonne. Nach 15 Minuten ging es weiter.

Wenig Last. Wenig beschleunigen. Wenig, sachte, sachte. So kraxelte ich etwa 2 Stunden behindertengerecht durch das schöne Niedersachsen. Von einem Ort zum nächsten, durch einen Wald zum anderen.

Dann, ab Kilometer 80 ging es wieder. Rechtes Knie hatte sich erholt. Zaubermittel Klosterfrau hatte gewirkt. Ich machte nicht zu hart, immer so um die 22 - 23 km/h. Ankommen war das Ziel heute.

Und so kam es immer näher, das geliebte Heim. Buxtehude, Altes Land - ich konnte Blankenese sehen. Hamburg, jetzt haste mir wieder!

Freude auf der Fähre. Die letzten Kilometer durch eine Stadt, deren Bewohner scheinbar geschlossen beschlossen hatten, draußen zu sein. Touristen-Slalom auf dem Radweg um die Alster. Ein letzter Sprint nach Niendorf.

Heimat. Haus. Wohnung. Ich bin zu Hause!

Heute gefahren: 148 km in 7 h 26 min und trotz Kreuzbandterror schnellen 19,9 km/h Durchschnitt.

Gesamttour: 636 km in 5 Tagen

3 Kommentare:

drea hat gesagt…

wenn ichs nicht besser wüsste, ich würds selbstmord nennen! der wahnsinn, ich fiebere mit und bin so unendlich froh diese zeilen wohlbehalten sitzend zu genießen, in einem stuhl, in einem geschlossenem raum, essend... gefahren kilometer 3 hehe ich hoffe du assimilierst langsam wieder deine kniescheibe??? fette grüßle ;) und hut ab

Unknown hat gesagt…

ach drea, selbstmord ist nur, wenn man aus fremden tassen trinkt und sich den fettesten herpes holt, den man je hatte. verdammt! aber danke, und nun hut wieder auf und fröhlich geklickt.

drea hat gesagt…
Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.