13 Mai 2008

HH - Laage Tag 1 "Rhapsodie in Gelb"

Wow, was für ein Anblick! Ganz Norddeutschland muss vom Weltall aus gelb schimmern: Rapsfelder wohin das Auge blickt!

Ein herrlicher, erdiger Duft, mit dem die Pollen dieser ölhaltigen Nutzpflanze die Luft sättigten, ließ mich so oft ich konnte bewusst einatmen und genießen - es war Kaiserwetter, perfekt für eine lange Radtour. Zum Glück schützte mich meine Sonnenbrille vor dieser fiesen gelben Form von Schneeblindheit, denn gerade der Horizont, an dem das schrille Gelb und die scharfe Bläue des Himmels aufeinander trafen, vermochte mir Tränen in die Augen zu treiben.

Vorher hatte ich mich allerdings noch durchs pfingstliche Morgenverkehrschaos Hamburgs zu kämpfen, leider dauerte das eine ganze nervige Stunde. Und wieder einmal kann ich nichts weiter als Verachtung für alle kommunalen Verantwortlichen für die miesen Hamburger Radwege zum Ausruck bringen: Lose Gehwegplatten die mit ihren zentimeterhoch abstehenden scharfen Kanten bestimmt schon manchem Mantel zum Verhändnis geworden sind, abrupt in nur noch mannbreiten Sandwegen mit extra fiesem Spitzsteinschotterbelag endende "Radwege", Schlaglöcher und klippenartig abfallende Bordsteine, das ist das täglich Brot der Hamburger Radfahrer. Einfach nur zum Kotzen!

Und so steuerte ich meine Speedmachine aus diesem bescheuerten Chaos der sonst doch so geliebten Heimatstadt endlich ins Grüne.

Also ins Gelbe.



Eine Landpartie der besonderen Art sollte es werden, denn anders als sonst hatte ich diese Etappe nach Wismar vorwiegend auf Landstraßen geplant. Die Pfingsreisewelle wollte ich mir dann doch nicht antun.

Eine kluge Entscheidung, wie sich herausstellte, denn einerseits rollten massive Blechmassen über B-Straßen und Autobahnen und andererseits konnte ich so fast leere Landwege und die Erzeugnisse unserer Agrarerzeuger in einer Pracht sondergleichen genießen.

Ab Lütjensee fuhr ich auf sanft-hügeligem Gelände, tollen Landstraßen, heftete meinen Blick ein ums andere mal auf schöne Naturpanoramen und erfreute mich am makellosen Blau des Himmelszeltes über mir. So lehnte ich mich gemütlich zurück und grinste die Kilometer nur so weg.

So ging das über Ratzeburg ins malerische Gadebusch, eine Stadt, sanft in einem Talkessel zwischen zwei Seen gelegen. Hier muss ich nochmal herkommen. Eine Stadt, in der man bestimmt toll einen Kurzurlaub verbringen kann.

Und dann wurde es fies: Berge!

Die Temperatur mochte schon nahe der 30 Grad-Grenze liegen und so musste ich mich (ohne eigenen Radweg) meist im 2ten oder 1ten Gang in quälend langsamen 10 km/h die Berge raufschrauben. Und hatte ich den dann im Schweiße meines Angesichts bezwungen, tauchte nach einer erfrischend rasanten Abfahrt schon wieder der nächste.

Die Landschaft hatte kein Erbarmen - so zog es sich bis zum Etappenziel Wismar hin. Da half kein Fluchen. Kein Bedauern. Treten, einfach treten! Bezeichnenderweise führte die schlimmste Steigung von allen auf den Hellberg. Hölle - wahrlich!

Aber belont wurde ich auch mit einem Anblick, dem man nur ganz selten fröhnen kann. Einmal segelten majestätisch ein paar hundert Meter lang zwei riesige Greifvögel parallel zu mir im Tiefflug, bevor sie abbogen, um das Feld nach Mäusen abzusuchen. Schöne Vögel waren das, und dann gleich noch zwei. Glück muss man haben!

Nach mehr als 5 Stunden erreichte ich dann Wismar auf dem letzten Loch pfeifend. Und stutzte: Hatte ich bei HRS nicht ein 4-Sterne-Hotel mit Spa geschossen? Ich schaute verwirrt auf meine Buchungsbestätigung - die Adresse stimmte. Nur hatte ich kein 4-Sterne-Ramada, sondern das 3-Sterne "Schwedenhaus" gebucht.
Kein Spa.
Nicht mal ein Restaurant.

Idyllisch ist ein Wohngebiet in einem Ensemble aus massiven Plattenbaublöcken eingebettet, hatte man einen Komplex aus 3 Bungalow-Häusern gezimmert. Die schwedische Flagge thronte über allem. Und so bezog ich ein - zugegeben sehr geräumiges - Zimmer mit Klassenfahrtatmosphäre.

Schwedenhaus halt - der Name war Programm.

Wenn man nicht gerade Pech mit dem Zimmer hatte, und ich hatte offensichtlich kein Pech, musste man nicht auf die Wohnsilos schauen, sondern konnte stadtauswärts über eine Schrebergartensiedlung aufs Land hinter Wismar blicken.

Und diese Aussicht genoss ich dann auch, als ich mir in meiner Pantryküche einen Riesensalat und Käsespätzle zubereitete, deren Zutaten ich vorher im nahegelegenen Wohngebiets-Lidl kaufte.

Duschen, Franzbranntwein applizieren und schlafen. Morgen bin ich bei meiner Familie ...

Gefahren: 110,6 km in 5 h 33 min und steigungsbedingt langsamen 19,94 km/h Durchschnitt





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1 Kommentar:

drea hat gesagt…

samstag.. hamburg ..party christian? du bist herzlichst eingeladen!!! kommste???