23 November 2008

Das war die Saison ...

Etwas wehmütig ist mir schon bei dem Gedanken, dass es das nun war. Saison 2008 - vorbei. Vorbeigeschossen, wie meine Speedmachine an unzähligen tollen Orten, an Sonnenauf- und -untergängen, an Rennradlern. Vorbeigeflogen, wie 7.500 Kilometer, wie unzählige tolle Stunden.

Und da 2008 mich hat so viel erleben lassen, hier die Top-10 der Saison 2008:

Platz 10 - Mecklenburgische Hitzeschlacht

Es war im Hochsommer. Mein Bruder hat Geburtstag. Ich habe ein verlängertes Wochenende zur Verfügung. Also los - 200 km Luftlinie, sagt Google Maps. Zwei Tage Anfahrt durch die gelbe Rapshölle, Schlafen im Elch-Hotel, kurbeln durch Kiefernwälder und dann die Belohnung - Feiern mit Gin-Tonic-Absturz. Die Rückfahrt, Marathon-verdächtig.
Herrlich, 400 Kilometer durch das wunderbare Norddeutschland.

HH - Laage: 4 Tage durch die gelbe Hölle Mecklenburgs


Platz 9 - Schnellschuss in den Süden

Naja, ganz so weit in den Süden ging es dann doch nicht, aber immerhin 300 Kilometer an diesem wunderbaren Wochenende. An den Rudower See. Samstagmorgen hingeflogen, durch einen perfekten Sommertag mit Warpgeschwindigkeit im Liegen. Danach nur noch am See gelegen, die Sonne grüßte rot zum Abschied, ich winke und schlafe den Schlaf der Glücklichen in einem Zelt und merke nicht, wie die Ameisen in der Nacht zum Großangriff blasen.
Großes Kino - nur einen Tagesritt von der quirrligen Großstadt entfernt, das Paradies liegt vor unserer Haustür!

HH - Rudower See: 300 Kilometer ins Paradies


Platz 8 - Sommer in der schönsten Stadt der Welt

Das war ein Sommer - ein Tag schöner als der nächste. Wärme, die bereits beim kraftvollen Beschleunigen den Schweiß aus allen Poren treten lässt, Tausende Sonnenanbeter, die die Straßen bevölkern und tausende Kilometer auf diesem tollen Wunderrad. Trips - kurze und lange - in und um diese großartige Hansestadt. Den Hamburger Hafen, am Deich entlang in den Norden, meine Trainingsrunden um den schicken Airport und natürlich immer wieder gern - ein Schauritt mit 55 km/h an den Landungsbrücken entlang: Porschefahrer an Ampeln und Touristengruppen mit offenem Mund pflastern meinen Weg ...

Hamburg, ein Sommermärchen: Speedmachine in der schönsten Stadt der Welt


Platz 7 - Generalprobe und Beinahe-Crash

Meine große Tour nach Portugal stand an und ich war mir nicht sicher, ob ich das überhaupt durchhalte - 800 Kilometer allein durch ein fremdes Land. Also dachte ich mir, teste ich das einfach mal. Wie wäre es also mit einer Fahrt ins Münsterland? Explodierende Kniegelenke, schlaflose Nächte wegen Waden-Alarm und Seitenstechen epischen Ausmaßes machten die 3-tägige Hinfahrt nach Coesfeld zur Tour de Force. Belohnt aber wurde ich mit sensationellen Ausblicken auf die großartige westfälische Landschaft, Einblicken in pittureske Dörfer mit Fachwerk-Overkill und vielen tollen Kilometern.

Unvergessen mein 5-Kilometer-Selbsmordritt durch den Autobahn-Tunnel bei Porta Westfalica - Speedmachine-Banzai!

HH - Coesfeld: Westfalen & Münsterland at it´s Best


Platz 6 - Zur Sonneninsel!

Es war eines dieser unzähligen Wochenenden, an denen alles gepasst hat: Der Himmel präsentierte sich in strahlendstem Blau, keine einzige Wolke trübte diese Overtüre in Azur, dazu Temperaturen, die zum Nacktfahren animierten und eine Strecke, wie sie von Caspar David Friedrich nicht besser hätte gemalt werden können. Auf zur sonnenreichsten Insel Deutschlands! Die Hinfahrt ein Traum mit Alb-Passagen. Ekelhafter Gegenwind ab Fehmarn, dafür ein Zelt direkt am Strand, Einschlafen mit Meeresrauschen, jeder Atemzug eine Luftkur. Totale Erholung kondensiert zu einem Wochenende - knapp 300 Kilometer und dann Zelt-Wellness am Ende von Deutschland.

HH - Fehmarn: Eine Insel zum Verlieben


Platz 5 - Ebbe, Flut und alles ist Gut.


Ein Kraftakt sondergleichen - die Hinfahrt zur Insel Pellworm. Ich stehe 4 Uhr auf und bin noch vor der Sonne auf dem Rad, verlasse Hamburg als die letzten betrunkenen Partylöwen nach Hause wanken, starte in einen Sonnenaufgang. So intensiv wie noch nie zuvor erlebe ich diesen Farbzauber, wundersame Lichtspiele und den Sieg eines heißen Sommermorgens über taubedeckten Wiesen. In Husum liegen Krabbenkutter wegen der Ebbe im Schlick, auf Pellworm betrete ich eine wunderbare Nordseeinsel und wohne direkt am Leuchtturm. Spaziergänge am Deich, frischen Fisch von Vietje´s Kutter direkt in die Pfanne geschmissen - ein Traum-Trip an die Nordsee!

HH - Pellworm: 200 km zum schönsten Leuchtturm Deutschlands


Platz 4 - Parforceritt in eine andere Hansestadt.

Oh ja, wie könnte ich ihn vergessen - diesen wohlgeformten, wundervoll ausgereiften, trainierten, festen und unglaublich lecker aussehenden, sich im Takt der kraftvollen Bewegung hin- und herschaukelnden und dermaßen hübsch anzusehenden Hintern des Mädchens, das sich genauso wie ich diese fiese, steile Brücke hinaufkämpfen musste. Wie könnte ich vergessen, wie ich genüsslich einige Gänge runterschalten, mich hinter ihr einordnen und den ganzen langen Anstieg zum Scheitelpunkt des Stahlkolosses von diesem Weltniveau-Hinterteil hinaufziehen lassen konnte? Inline-Skater-Mädchen - du bist wahrlich der Höhepunkt einer großartigen Wochenend-Tour.

Ach ja, es ging nach Kiel ...

HH - Kiel: Hervorragend hinterm Hintern herumgekurvt


Platz 3: Die Speedmachine in Schweden

Das war ein sensationeller Ritt und leider auch schon der Abschluss einer Touren-Saison vom Feinsten: Mit einem Freund (auf seinem schnieken Bianchi-Flitzer) von Hamburg durch das schöne Dänemark in Schwedens wunderbaren Süden. Bis Göteborg, 860 Kilometer mit brachialstem Rückenwind durch das Blondinen-Paradies, durch Wälder mit wildromantischer Schönheit, an zerklüfteter Schärenküste und tollen schwedischen Fischerdörfchen. Sportlich, sportlich - dabei genossen wie lange nicht mehr.

Bis Göteborg: Herbsttour nach Südschweden


Platz 2: Portugal - Traumland für Liegeräder!

Ja, das stimmt wirklich! Zwar warnten zwei nagelneue und druckfrische Reiseführer vor Portugals wilden Freizeit-Schumis auf den Straßen, ich aber konnte in den 2 Wochen nur rücksichtsvolle, nette, geduldige und freundliche Autofahrer beobachten. Im Gegenteil: Sie hupten, grüßten und winkten, riefen anspornend "Rapido! Rapido!", wenn ich an den Berganstiegen zu verzweifeln drohte und hielten respektvoll Abstand, wenn ich selbige mit 66 km/h hinabschießen und mir den heißen Wind um die Ohren flattern lassen konnte.
800 fantastische Kilometer durch ein wundervolles Land - halbtot der Berge wegen aber hochglücklich, diesen Kraftakt allein durchgestanden zu haben.

Lissabon - Porto: Durch den Backofen Europas



Platz 1: Vorfreude ...

Auf dem ersten Platz ist natürlich die Vorfreude auf das, was im nächsten Jahr kommen wird. Eine Tour von Paris nach Hamburg, Kanada und die Rocky Mountains natürlich und eine Menge, Menge vieler Wochenenden, die ich nutzen werde, um die Speedmachine vom schönen Hamburg aus an all die wunderbaren Orte zu tragen, die unser tolles Heimatland so zu bieten hat: In die Alpen wird es gehen, wo ich bei Höllenaufstiegen meine Waden und bei rasanten Abfahrten den Geschwindigkeitsrekord sprengen kann, nach Berlin will ich fahren, meine alte Heimat besuchen und ... noch so vieles tun, was ich jetzt gar nicht planen mag.

Es ist diese Vorfreude, das Kribbeln, die das schönste ist am Dasein eines Speedmachine-Piloten.

Gestern habe ich das Rad nach fast 2.000 Kilometern ohne Reinigung noch einmal in einem dreistündigen Kraftakt auf Hochglanz poliert. Nun steht sie da, wie eine Kathedrale des Sports, eine abstrakte Statue, eine Hommage an Kraft und Geschwindigkeit.

Sie glänzt.

Sie grinst.

Sie lächelt mich an und lässt es in mir kochen.

Und brodeln. In 3, vielleicht 4 Monaten geht es wieder los. Wir können es kaum erwarten.

16 November 2008

Sun & Rain

Eine Erkenntnis, die gilt es, sich als Radfahrer zu erarbeiten. Bei mir hat es wohl einige Tausend Kilometer gebraucht. Aber heute stelle ich zu meiner Zufriedenheit fest, dass ich diesen hohen Grad des Fahrrad-Zen erreicht zu haben scheine.


Es ist die Einsicht, dass Sonne nicht ohne Regen sein kann. Dass es nicht immer nur bergab rollen und der Wind nicht immer nur von hinten wehen kann.

Ich meine nicht die rationale Stufe dieser Einsicht. Sie ist nichts weiter als Logik. Jedermann sofort verständlich. Aber das wahre Erkennen besteht in der emotionalen Akzeptanz dieser Tatsache.

Sprich: Wenn es wie aus Eimern anfängt zu gießen, wenn dir dazu Regentropfen so groß wie Kartoffelkäfer hart ins Gesicht schlagen, angetrieben von stürmischen, kalt schneidenden Winden, wenn es dann noch bergauf geht, du durchnässt bist, bis auf die Unterwäsche und Dich die Fahrradwegnazis in ihren Blechkarossen schneiden, dir die Gischt ihrer Blankeneser S-Klasse-Boliden dann noch schön den Asphaltdreck in den Mund schleudert - wenn du dann ruhig bleibst und den Trip noch genießen kannst, dich an der Ausfahrt erfreust und dir kein mürrisches Grummeln langsam zu hasserfülltem Fluchen und lauten SCHEISSE!-Rufen in die Regenböen anwächst, dann hast du den Fahrrad-Zen-Grad höchster Güte erreicht.


So wie heute. Ausfahrt begonnen bei feinstem Herbstwetter und crystalclear blue Sky, später türmen sich monströs schwarze Sturmwolken auf, überschlagen und entleeren sich über mir.
Ich fahre 40 km in strömendem Regen bei heftig an der Speedmachine ruckelnden Sturmböen.

Und ich fand es einfach nur geil!

Gefahren: 60,14 km in 2 h 27 min und 25 km/h Sturm-Schnitt

Die Highlights in 2008: Mit dem Liegerad durch Portugal und Die Speedmachine in Schweden

12 November 2008

Gel ist Geil

Fühlen sich prima an, meine neuen Fahrradhandschuhe von Röckl. Die Alten haben meinen Griff am Lenker über 7.000 km ergonomisch und sicher sein lassen, aber gefühlte 20 Millionen Schaltvorgänge hatten das Leder doch schon arg ramponiert.

Die neuen sind der Hammer: Gel-Packs an den Griffflächen und "WetGrip" machen sie zu einem technischen, rasanter Schnitt und straightes Black-White-Design zu einem modischen Highlight.

Geizig sollte man beim geilen Gel jedoch nicht sein: 35 Euro wollte der Kassierer beim Herrn Wolfskin haben. Bekam er auch. Sommersaison - kann kommen!


Die Highlights in 2008: Mit dem Liegerad durch Portugal und Die Speedmachine in Schweden

08 November 2008

Rough Ridin´ & Riesen-Rouladen

Gestern früh zum Edeka, den ganzen Kram eingekauft. 6 edle Fleischlappen vom Bio-Markt hatte ich schon, sündhaft teuer, aber man gönnt sich ja sonst nichts. Bis 13:30 Uhr gekocht, dann die Trainingskombi angezogen und raus gings. Ebenso wie heute - Regen war angesagt.


Trocken und sonnig war es. Unverkennbar - es ist Herbst im schönen Hamburg. Golden, Gelb und Feuerrot schlägt es mir entgegen. Die Bäume scheinen ab 30 km/h in Flammen zu stehen, wenn sie so an mir vorbei schießen, verschmelzen zu einem einzigen Schweif aus glänzender Farbe.

Die Sonne kommt heraus, heftiger Wind hat die Wolkendecke in Fetzen gerissen und treibt diese wie panisch vor sich her. Wackelnd und heulend gondeln landende Flugzeuge über mir herein, als ich um den Airport fliege.


Teilweise wurde das Laub noch nicht von den Radwegen geräumt - gefährlich rutschig, aber prächtig wie ein Teppich aus Luftpolstern, über den ich gleite. Dann scheint es mich zu umgeben, blendet meine Augen, das strahlende Gold. Reflektiert von unten, deckt mich zu von oben - wie ein Tunnel aus gleißendem Feuer, durch den meine Speedmachine und ich schießen.


Würziger Duft, klare Luft, frische Kälte. Ich rieche den Winter. Und dann und wann, wenn ich in die Abgasstrahlen der Jets fahre, auch den Duft der weiten Welt. Schon landet mit Getöse ein Airbus von TAP Portugal, bringt Grüße aus Lissabon, ich erinnere mich an 2 wunderschöne Wochen auf der Speedmachine im Backofen Europas.

Dann wieder reißen mich harsche Böen aus dem schönen Tagtraum. Brutale Winde, die sich an Häuserecken sammeln, greifen nach mir, reißen am Rad und drängen mich ab. Ich muss aufpassen, Spur zu halten. Wieder und wieder weht mir kalte Luft ins Gesicht, scheine ich in Wänden aus Wind stecken zu bleiben, die zähflüssig sind, wie Sirup aus O2.


Zähne zusammen beißen.
Reintreten.
Gerade mal 40 km heute - da bin ich schon 4 mal so viel gefahren, bei ganz anderen Bedingungen ...

Und doch freue ich mich, als ich endlich nach 3 Runden (1 Runde mehr zu Feier des Tages) zu Hause angelange und mit eine der wundervollen Rouladen einverleiben, meine erschöpften Mineralreserven auffüllen und alle Fünfe gerade sein lassen kann.

Wundersamer Herbst. Tolle Farben. Wer bei diesem Prachtwetter seinen Arsch im Warmen breit sitzt, ist selbst schuld.

Gefahren: 46,7 km in 1 h 49 min


Die Highlights in 2008: Mit dem Liegerad durch Portugal und Die Speedmachine in Schweden

06 November 2008

TAXI, TAXI ...

"Da isser wieder ...!" - tönte es mir hinterher. Ich fliege wie immer abends noch zwei mal um den Airport. Eine der schnellsten und schönsten, weil engen, kurvigen Passagen ist der Abstieg zum Ankunftsbereich der Flughafen-Terminals.

Vorbei an zweihundert wartender Taxen. Man kennt sich. Und nun, nun kennt man wohl auch mich.

Ich glaube, morgen winke ich mal ...

Gefahren: 31,5 km in nebeliger 1 h 9:32 min


Die Highlights in 2008: Mit dem Liegerad durch Portugal und Die Speedmachine in Schweden

02 November 2008

Double-Feature

Herrlicher Tag heute, ganz anders als gestern - Kein nass-kalter Nebel, keine dunklen Wolken die stetig mit Regen drohen. Statt dessen - bescheiden zwar, aber immerhin - verhaltener Sonnenschein und ertragbare 6 Grad.

Was liegt da näher, als rasant die Speedmachine um den Airport zu pilotieren? Zwei Runden. Das ganze zwei mal.

Den ersten Flug absolviere ich nach dem morgendlichen Kaffee. Es ist ruhig, fast windstill. Und so erreiche ich auch ohne mich bis zum letzten zu verausgaben immerhin die zweitbeste Zeit, die ich jemals seit der Verdoppelung meines Trainingspensums gefahren bin.

Und weil es so schön war, schwinge ich mich nach einem eher trägen Tag auf dem Sofa und vor dem Rechner gegen 16 Uhr noch einmal auf das Rad und vervollständige das Double-Feature mit einer ebenso passablen Zeit - obwohl allerlei spazierende Familien, streunende Hunde und wie verschreckte Rehkitze herumschlingernde Entgegenkommer meinen Schnitt gebremst haben sollten. Hatten sie nicht.

Morgens: 31,49 km in 1 h 6:58 min
Abends: Selbe Strecke in 1 h 7:19 min

Frage ich mich nun, wann ich den Hattrick mache ...


Die Highlights in 2008: Mit dem Liegerad durch Portugal und Die Speedmachine in Schweden