27 Juli 2009

Die 1.000-Meilen-Zigarre

Ja, so etwas gibt es auch: Vor genau einem Jahr habe ich mir in Vorbereitung auf die damals anstehende, erste große Tour nach Portugal eine Zigarre gekauft. Und von ihr träumte ich dann, wenn ich unendlich lange Stunden unendlich lange kurbelte durch unendlich weite Weiten ...

Aber sie war nicht irgendeine, kein Tankstellen-Humpen, keine billige Industriezigarre. Nein, es musste eine Besondere sein. Für den Speedmaschinisten, eine schöne, edle, tolle - eine Cohiba.

45 Euro hat mich dieses wohlriechende Duftwerk aus solzialistisch gezüchteten, kubanischen Tabakblättern gekostet. Aber der Preis ist es Wert - denn, so war der Plan - diese Zigarre würde ich schmauchen, auf einer portugiesischen Klippe sitzend, unter mir der sich tosend am Felsen brechende Atlantik, über mir die brennende Südsonne.

Sozusagen meine Sieges-Zigarre. Meine Einsplus. Mein Lohn für die anstrengende Tour.

Und nachdem ich diese Cohiba nun also sorgsam verpackt über 800 km durch die Hitze Portugals geschleppt hatte, vergaß ich, endlich in Porto angekommen. bei all der Freude ob der gelungenen Tour mein Zigarren-Sit-In an Portugals Steilküste. Flog zurück. Einfach so.

Und brachte das gute Stück wieder mit nach Hause.

Nun, ein Jahr später, sollte sich also die Gelegenheit ergeben, meinen Tabakplan noch einmal in die Wirklichkeit umzusetzen. Auch unter einer brutzelnden Sonne, aber nicht der Portugals, sondern der Kanadas.

Nach 1.300 Kilometern durch die Rocky Mountains also doppeltes Lob.

Aber - ja, Ihr mögt es Euch schon denken - auch dieses Mal vergaß ich es, den wohlriechenden Tabakhumpen anzuzünden. Und so habe ich Castros Exportschlager ein weiteres Mal mit der Speedmachine durch die Welt chauffiert. 2.000 Kilometer. Fast 1.000 Meilen.

Und so sitze ich nun auf meiner Terasse. Zuhause. Meine Wohnung. Null Kilometer entfernt. Die Beine brennen noch leicht, eine Reminiszenz an den gar nicht so spektakulären Anstieg in Blankenese heute nach Feierabend. Und ich zünde mir die Cohiba an.

Ich sitze da, ganz bequem in meinen Rattan-Möbeln, lese ein nettes Buch, bin ganz entspannt, höre den startenden Flugzeugen zu, die gar nicht weit entfernt von mir von Hamburgs Airport abheben, genau zu den Orten fliegen, von denen ich träume und sehe die Sonne über dem Dach meines Nachbarhauses untergehen.

Ich rauche die mittlerweile leicht ramponierte Cohiba. Schmauche sie genüsslich. Es ist die Sonne Hamburgs, die mir ins Gesicht scheint, nicht die eines exotischen, weit entfernten Ortes. Und ein paar Kilometer entfernt brandet nicht der Atlantik, sondern Mutter Elbe im Hafen.

Ich bin zufrieden, als ich eine entspannte Stunde lang meine wohlverdiente 1000-Meilen-Zigarre rauche. Es muss nicht immer ein weit, weit entfernter Ort sein, denke ich mir so, manchmal, da findet man sein sein Paradies auch vor der eigenen Haustür. Vielmehr hinter ihr.

Irre oder - was so ein kleines, 15 cm langes Ding alles erlebt: In Kuba entstanden, um die halbe Welt geschippert, um in Hamburg verkauft schon wieder um die ganze Welt zu fliegen, wird Berge rauf- und runtergekurbelt, bekommt alles mit, all das Leiden, die Freude, die vielen, vielen Liegerad-Kilometer - nur um dann wiederum in Hamburg angekommen, aufgeraucht zu werden.

Aber das interessiert mich jetzt nicht. Ich bin entspannt und denke an eines: Jetzt, da ich sie geraucht habe, meine 1.000-Meilen-Zigarre, werde beim nächsten Trip schon mal mit Sicherheit 50 Gramm weniger Gepäck haben.

Ach ja, ich bin strengster Nichtraucher. Und um ehrlich zu sein, irgendwie war es ja auch ein bisschen ekelig, das Ding zu rauchen. Ich gehe dann mal meine Wohnung lüften ... und denke mir mal eine neue "Juchu, ich habe die Tour beendet"-Tradition aus.

Vielleicht habt Ihr ja Vorschläge?


Mit der Speedmachine durch die Rockies - Recumbently Canada
Neue Etappe online - "Fast Transit and Front Wind"

2 Kommentare:

Olli hat gesagt…

Auf meine Reise nächstes Jahr werde ich einen richtig guten Single Malt mitnehmen. Einen Ardbeg, einen Aberlour... Irgendwas in dieser Richtung. Und am Wendepunkt, hoch oben in der kargen Landschaft, an diesem Touri-überlaufenen Stückchen Stein, da werde ich ihn stolz trinken.

Wenn ich es ncht vor lauter Freude vergesse.

Unknown hat gesagt…

scotch ist auch ne möglichkeit - aber recht schwer, was?

grüßle, L