22 Juni 2008

Im Liegen ist es viel schöner, Helga!

Recht so. Doch bevor es zu diesem denkwürdigen Satz kam, mussten allerdings erst einmal einige Kilometer gekurbelt und einige Liter ausgedünstet werden.

Es begann beim frühstücklichen Blick aus dem Fenster - Sturm und Gewitter waren angesagt, Böen und blauer Himmel die Realität. Und da ich schon nicht nach Berlin fahren konnte, so wollte ich doch wenigstens einige Kilometer wettmachen.

Austrinken - Anziehen - Anfahren.

Pinneberg war schnell erreicht und mit diesem Hamburger Vorort auch die mithin schlechtesten Radwege. Aber das alles konnte mich nicht schrecken - wollte ich doch diesen Sonntag als weiteren Test für meine anstehende Portugal-Tour nutzen. Denn Hitze, starke Winde und fiese Straßen sind das, was mich aller Wahrscheinlichkeit nach in 3 Wochen dort erwarten wird.

Beständig unter Spannung spulten meine Muskeln das Programm ab - sie traten und zogen kraftvoll an den Kurbeln, sorgten in ihrem präzisen Gleichklang für vorzüglichen Vortrieb trotz teils heftiger Gegenwinde.

Ich genoss die Sonne, die Gerüche, die sich abwechselnd mal würzig wegen der Kiefern am Wegesrand und mal salzig ob der Elbnähe präsentierten. Viele Familien genossen das Wetter ebenso wie ich, der Verkehr überraschend dünn - mir sollte es recht sein.

In Wedel dann, ich hielt an einer Ampel, näherte sich von links ein Liegerad. Der Mann winkte, ich winkte zurück und mit einem freundlichen "Moin, moin" schoss er an mir vorbei, gefolgt von (s)einer Dame auf einem Upright.
Grün - ich fuhr los. Und dachte mir an der nächsten Kreuzung, dass es doch mal ganz nett wäre, eine Runde mit dem Herrn Recumbentfahrer zu schnacken. Also rechts abbiegen - einholen war angesagt.

So jagte ich durchs verkehrsberuhigte Wedel und versuchte den Weg des anderen zu antizipieren. Ich dachte mir, entweder fährt er nach Hamburg oder er kommt von Hamburg und fährt nördlich den Elbe-Radweg entlang. Doch ich fand ihn nicht.

Da stand ich nun wieder an einer roten Ampel, die Sonne brannte auf schweiß-salziger Haut, als neben mir das charakteristische Surren einer Shimano-Schaltung zum Stehen kam: Der Herr Recumbentfahrer. Er hatte mich gefunden.
Wir begrüßten uns, ich wollte etwas sagen, als er mir zuvor kam, auf meine Speedmachine deutete, seinen Kopf in den Nacken legte und zu der Dame, die hinter ihm wartete, sagte: "Siehste, im Liegen ists viel schöner, Helga!"

Sie winkte nur ab. Und drehte, peinlich berührt und genervt, ihren Kopf weg.
Ich musste grinsen - es hat doch was für sich, Single zu sein.

Wir grüßten zum Abschied, ich trat in die Kubeln und schnell waren der Mann auf seinem Jan Cordes-Kurzlieger und Lady Upright im Rückspiegel nicht mehr zu erkennen.

Weiter gings durchs idyllische Blankenese, wobei ich mich fälschlicherweise für den unbequemsten Weg entschied: 1 km Schiebestrecke. Das nervte, zwischen all den Touristen gehen zu müssen, die ständig stehen bleiben, völlig sinnlos die Gehwegseiten wechseln und all die unlogischen Dinge tun, die man eigentlich nicht tut.



Aber dafür genoss ich den Ausblick auf die vielen schönen kleinen Kapitänshäuschen, den Hafen und den wundervollen Elbstrand.

Beim Museumshafen gings dann endlich wieder aufs Rad. Gas geben am Elbufer, wo sich die Angler aufreihten und die Ebbe ausnutzten. Hier fand ich auch die einzige freilebende Feige Hamburgs wieder (was allerdings zu beweisen wäre), eine Entdeckung, die dereinst Anna Laura tätigte. Vóila: Dieses Bild ist nur für Dich:

Weiter am Fischmarkt vorbei, hoch zur Alster und wieder Heim.

Alles in allem eine mittellange Strecke, vorbei an den wesentlichen Sehenwürdigkeiten Hamburgs, sich durch Wald, durch Felder und Wohnghettos windend, flach mit wenig steigungen - eben eine Sonntagsstrecke, die einfach nur Spaß macht.

Und wieder mal die Bestätigung, dass eine Konstante im Verkehr unstrittig Beständigkeit hat: Im Liegen ist es einfach schöner. Vielleicht kommt Helga ja auch noch dahinter.

Gefahren: 51,7 km in 2 h 34 min und schnuffeligen 20 km/h Schnitt

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