27 April 2009

Deuter(-lich) besser als Aldi-Tüten

Genial, diese Front Triangle Bag von deuter - eigentlich für unsere rennradelnden Kollegen entwickelt, habe ich mir das schicke Teil nun auch zugelegt. Denn für den Sprint zur Arbeit oder mal eben ´ne Trainingsrunde fahren sind mir die Reisetaschen von Radical einfach viel zu groß.

Und immer mit einer Aldi-Tüte auf dem Gepäckträger rumfahren, sich noch dazu im edlen Blankenese durch den allabendlichen Porsche Cayenne-Gedächtnis-Stau der Reichen und Schönen zu schlängeln ... mal ehrlich, Travel in style ist was anderes. Kein Wunder, dass man zum Gespött auch anderer Velozipedisten wird - mit Aldi-Nord auf´m Gepäckträger.

So aber habe ich nun - einem kleinen Kulturbeutelchen gleich - alles Wichtige schick verpackt am Rad. An drei Punkten wird die Tasche mittels einfacher, aber starker, Klettverschlüsse im Gepäckträger "aufgehangen" - fertig. Das Ganze hängt dazu noch stromlinienförmig im Wind - was will man mehr? Problem solved.

Kostet 12 € das Teil - Made in Germany. Da tun wir sogar was gegen die Krise. Ach schön.


Liegerad-Highlights 2008: Die besten Touren mit der Speedmachine

26 April 2009

Self-made Brevet - Einmal Ostsee und zurück

Tja, das war schon ein Ärgernis, letzte Woche, als ich meinen 200-km-Brevet verpasst hatte. Wecker um 5:30 Uhr nach einer harten Woche werden dann doch gelegentlich vom Körper ... dezent ... überhört. Pech gehabt - im Schlaf regiert ein anderes Ich.

Und so liege ich auch heute süß von einem Sieger-Bier träumend im Bett, als ... ich plötzlich eine Idee habe. Welche absurden Gedankengänge mich dazu treiben, weiß ich auch nicht, aber etwas zwickt und zwuckt. Drängt mich. Lässt nicht locker. Bis ich dann eben 8 Uhr - na klaro, ´ne amtlich-christliche Zeit für einen Sonntag - meinen Körper aus dem Bett wuchte und mich startfertig mache.

Timmendorfer Strand. Das Ziel für heute - das selbe, wie beim Brevet vor einer Woche. Ich will ihn nachfahren. Ich muss ich nachfahren. Es ist 9 Uhr, als ich im Sitz meiner frisch geputzten Speedmachine liege und das Liegerad behenden Tritts auf Kurs und Geschwindigkeit bringe.

Wieviel Zeit hatte man beim offiziellen Brevet? 13 Stunden? Na, das wollen wir aber mal tüchtig unterbieten! Es lässt sich gut an. Ein steter, aber nicht arg feindlicher Wind, treibt mich von Nord-Ost her wehend dann doch ab und zu in den Wahnsinn. Immer wieder muss ich das Liegerad auf ruhigen Kurs bringen, wenn es die eine oder andere Böe erfasst und nervös werden lässt. Aber dennoch, so wundere ich mich, kann ich die Maschine mit 30, oft 35 km/h vorantreiben und erreiche nicht selten 45 Sachen.

Das Wetter ist fantastisch - die Sonne hat sich nun also doch dazu entschieden, den Winter hinter sich zu lassen, und so flattert mein orangefarbiges Trikot im Wind, rötet sich zusehens meine Nase und brutzeln die Schenkel, nur leicht bedeckt von einem kühlenden Schweißfilm, in ihren Strahlen.

Gelb grüßt der Raps, dieselt die Landschaft ein und plötzlich, wenige Kilometer hinter meinem schönen Hamburg ... bin ich im Urlaub. Was ist das, was tun die Hersteller nur in die Sonnenmilch? Plötzlich fühle ich mich wohl, wohlig räkele ich mich im Sitz, meinem rollenden Strandkorb, mächtig stampfen meine Schenkel im schnellen Takt, treiben fast geräuschlos mein Rad an. Und ich könnte jauchzen - alles passt. Alles geht. Es läuft. Perfekt.

Dann und wann begegne ich Rennradlern, die zurück grüßen, ja oftmals sogar ein lautes Moin-Moin rufen. Andere Welt - Urlaubswelt. So muss es sein.
Ich schlängele mich an Dutzenden Familien vorbei, die gemächlich auf den Radwegen ihren Kleinen das Fahrradfahren beibringen, hole den einen oder anderen schnelleren Kollegen ein und einmal entlocke ich einer jungen Dame sogar glückliches Jauchzen, als sie mich trotz meiner "Achtung!"-Rufe erst dann mit einem sichtlichen Schreck (und einem intuitiven - aber gefährlichen - Lenker-Schlenker in meine Richtung) bemerkt, als ich direkt neben - und unter - ihr bin. Tja, das kenne ich ...

Meine Schwalbe-Pneus fressen die Kilometer nur so in sich hinein. Ihr unterschwelliges, nach komprimierter Luft und Strömung klingendes Fahrtgeräusch singt das Lied vom Speed. Hier und da kralle ich mich in die Lenkergriffe und trete rein, bescheuert, denn ich weiß, dass ich noch nicht einmal ein Drittel der Strecke hinter mir habe. Aber heute, heute weiß ich, was ich leisten kann. Heute passt es.
So stürze ich Steigungen hinauf, die ich normalerweise mit 20 km/h meistere.
So poltere ich Abfahrten hinab.
Gibt es etwas zu gewinnen?
Klar, das Sieger-Bier. Kalt muss es sein. Bei Abendsonne genossen. So, wie ich es heute geträumt habe.

Einmal Timmendorfer Strand und zurück, bitte. Der Speedmachine-Express hält nicht an jedem Bahnhof. Altbekannte Rastplätze von früheren Touren nach Lübeck lasse ich links liegen. Nein, heute keinen Corny auf der Bank mit dem fantastischen Ausblick über die Heide. Ich hab was vor.
Nur die Pinkelpause, die muss natürlich sein.

Schon pellt sich Lübeck aus dem makellosen Blau. Nanu? Wo ist die Zeit hin? 2 Stunden gefahren? 30er Schnitt? Na bitte!
Ich drehe eine Ehrenrunde ums Holstentor, schnacke eine Minute mit einer liegeradelnden Dame und gebe Gas - heute will in an der Ostsee anschlagen. Und gleich wieder zurück.

Mein Mini-Brevet. Meine persönliche Rendonneurs-Erfahrung. Da ist sie also. Und sie fühlt sich gut an!

Neben mir an der Ampel hält ein Streifenwagen. Ich - wie immer - nicht auf dem Radweg. Den benutze ich nur, wenn ich unter 30 fahre. Heute aber, heute geht was. Heute will ich heizen. Und hier in Lübeck sind die Straßen breit. Ob die Jungs das wohl auch so sehen?
Ich rolle bis weit über den Stop-Streifen, linkes Bein auf den Boden. Meine Cleats schleifen metallern über den Asphalt. Ampel rot. Warten in der Sonne. Ich sehe die silberne Moterhaube in meinem Spiegel. Hoch über ihr die blauen Rundumleuchten.
Gelb.
Grün.
Ab gehts.

Sie überholen mich. Einer lächelt. Ich grüße. Dann schon hat mich der Nächste eingeholt - ein brauner Opel. Der schaut freilich nicht freundlich - wieder so ein Spinner mit dem Rad auf seiner Straße! Nur schade, dass Du nicht hupen kannst, so mit der Polizei vor Dir, was?
Ich grinse auch ihn an. Heute habe ich ein Lächeln für alle, auch für Euch Radweg-Nazis.

Lübeck liegt hinter mir, ich fliege durch Schwartau - einige giftige Anstiege ziehen mir den Saft aus den Waden, aber ich gebe Gas. Nur noch 16 Kilometer bis Timmendorfer Strand verspricht ein Schild. Merklich viele Porsche unterwegs, als ich hinter Ratekau abbiege und mich - nun mit Wind straight von vorn - an die letzten Umdrehungen mache.

Familien-Slalom und Rennradabhängen ist wieder angesagt. Einmal gerate ich mitten in eine festlich in Schwarz gehüllte Konfirmandengesellschaft. Ich muss heftig quietschend herunterbremsen, da die Gläubigen einer Prozession gleich den gesamten Radweg okkupieren. So komme ich atemlos vor ihnen zum stehen, sie stoppen, schauen mich an, wie Schäfchen, machen große Augen - soll ich denn jetzt etwa was sagen? Die eine oder andere Oma wird ein spontanes Stoßgebet gen Himmel geschickt haben, dann endlich, langsam, geben sie den Weg frei. Und so teilt sich die schwarze Masse, und ich, wie Moses, gleite ich durch hohe Flanken Smokingtragender - im leuchtenden Orange, aber bequem liegend.

Ich sehe den Konfirmanden sich umdrehen, er schaut mir lange nach, wie ich im Rückspiegel erkennen kann, träumt sich wahrscheinlich raus aus seinem zu eng sitzenden Gesellschaftskorsett, hinauf auf so ein schnelles Gefährt, wie dem meinen. Das nun schon außer Sichtweite hinter dem nächsten Rapshügel verschwunden ist.

Und während er sich wohl noch die Predigt des Pfarrers anhört, etwas übers Erwachsensein lernt, gleite ich ins Städtchen Timmendorfer Strand. Zunächst etwas orientierungslos, aber Küstenorte sind ja immer gleich, so suche ich den Strand und finde die Promenade. Auch hier - Ferrari, Porsche und jede Menge Gucci am Straßenrand. Nicht mein Revier, denke ich. Und beschließe, meine Kohlehydratreserven aufzufüllen, das Wasser zu grüßen und sogleich den Rückweg anzutreten.

Ich starre in die smaragdgrüne Ostsee, die klar, aber träge, an der Seebrücke wabert, während ich zwei riesige, vorzügliche Matjesbrötchen verdrücke. Langsam beginne ich den Blutfluss in meinen Waden zu spüren - wie es heiß brennend durch die Arterien rauscht, sehe ich, wie meine Hände leicht zittern, merke, wie ich nach jedem Schluck Schorle husten muss - meine Lunge ist noch auf Volllast eingestellt. Mit so kleinen Luftzügen im Ruhemodus hat sie wohl gar nicht gerechnet.

Draußen liegt leichter Nebel über dem Strand. Es ist eben doch noch kein Hochsommer. Trotzdem sind die Strandkörbe gut besucht. Gut betucht, die Klientel hier, muss ich wieder erkennen, als einer seine Dame zur Düne führt. Im Haar-Gel spiegelt sich in jeder Strähne eine Sonne - der Mann glänzt. Streifenhörnchen mit Lichteffekt. Und so ein schickes Sakko hat er an.
Aber seine Dame schlägt alles - ein hautenge Lederhose betont ihre ausgesprochen tolle Figur, deren untere Enden in aufregenden Lederstiefeln stecken, deren mindestens 20 cm hohe Pfennigabsätze sich wiederum in den feinen Ostseesand bohren.

"Njet" sagt sie nur. Beim Kopfschütteln blendet mich einige Male das riesige Dior-Logo, das auf ihrer Sonnenbrille prangt. Etwas enttäuscht, aber einsichtig, nimmt das Steifenhörnchen die Hand seiner Holden.
So müssen sie halt den gepflasterten Boulevard entlang flannieren - ohne Sicht aufs Meer. Dafür mit Porsche.

Ich mache noch ein Foto auf der Seebrücke - dann schwinge ich mich wieder aufs Liegerad. Die Rückreise steht an. Und dieses mal - mit Rückenwind!

Wo ich vorhin noch 30 km/h gefahren bin, mache ich jetzt 35 und mehr. Wo ich gerade noch schnaufend den Anstieg hinaufgefighted bin, krache ich jetzt hinab als gäbe es kein Morgen mehr. Ehe ich mich versehe, komme ich bei der Konfirmation vorbei - aber keiner zu sehen. Warscheinlich lernt er noch Erwachsensein.

Ratekau - ein Rad liegt auf dem Radweg, ich bremse, springe auf und renne zu einem älteren Pärchen, die dem offensichtlich Gestürzten die Böschung hinauf helfen. "Kann ich helfen?" rufe ich sogleich. Sie lachen. Tränen. Können gar nicht mehr.
Sie schütteln nur den Kopf, winken ab. Wollen sprechen, aber bringen kein Wort raus.
"Pinkeln ..." sagt der Gerettete und prustet wieder los.
"Wirklich alles okay?" insistiere ich.
Ja, alles okay, versichern sie mir. Kollege Pullermann ist wohl die Böschung hinabgerutscht. Naja. Ich kenne das ja, mit den Gleichgewichtsstörungen, wenn man das Ding auspackt ...

Weiter gehts, Ratekau, Schwartau und Lübeck fliegen vorbei, dass es nur so splatattert, einer hupt mich dauernd an. Ein Rentner. Nichts gegen Renter, aber ... naja. Ich hänge mich in seinen Windschatten - und obwohl mir die Kniescheiben schon wehtun, lasse ich nicht locker.
Sein nervöser Blick in den Rückspiegel alle paar Sekunden ist es wert. An jeder roten Ampel wettert er in seiner stickige Blechkarosse vor sich hin, meckert und mosert. Ich grinse. Atme draußen die frische Luft, blinzele in die Sonne und fahre weiter.

Kurz vor Hamburg gerate ich auf den schlechtesten "Radweg" der Welt. Am Airport wird gebaut. So weit, so gut. Der Radweg behelfsmäßig auf Schotter verlegt, eingezäunt. Auch okay.

Aber Leute, bitte - SOLCHE Brocken findet man normalerweise nur bei Mountainbike-Weltcups oder nach Erdbeben! Wer soll denn auf diesem - noch nicht mal halbwegs verdichteten - Schutthaufen fahren?

Ich fahre. Schritt. Aber alle anderen, die ich überhole, schieben. Was nicht weiter wild wäre - allerdings auf einer Länge von 2 Kilometern ist das echt eine Zumutung! Aber - so merke ich wenigstens, dass sich mein kleiner Self-made Brevet dem Ende neigt. Denn sone Radwege gibt es nur in Hamburg. Ich bin zu Hause!

Ich komme an.
Und bekomme mein Sieger-Bier.
Siehste, so ist das, wenn man einfach mal morgens um 8 an einem Sonntag die Idee hat, die Ostsee sehen zu wollen.

Einen Haken hat die Sache allerdings doch - für den 200 km-Brevet fehlen mir 30 Kilometer (und eine Stunde Fahrtzeit mehr). Aber ich weiß beim besten Willen nicht, wie die Streckenführung letzte Woche im Original war. Und mal ehrlich, so weit geht mein Spleen dann doch nicht, dass ich noch 30 km hinten dran hänge.

Obwohl ... beim nächsten mal vielleicht ...


Gefahren: 172 km in 6:03 Stunden (Netto) und 7 Stunden mit Pause bei 28,4 km/h Schnitt.


Liegerad-Highlights 2008: Die besten Touren mit der Speedmachine

23 April 2009

Das Beste vom Besten ...

... will ich, dachte ich mir, als ich mich vor mehr als einem Jahr dazu entschlossen hatte, mir ein Liegerad zu kaufen. Dabei fiel die Wahl nach einiger Recherche auf ein Rad von HP Velotechnik - all die begeisterten Blogger, wohlwollenden Zeitungsartikel und überragenden Testergebnisse konnten doch nicht lügen?!

Eine Speedmachine sollte es sein.

Gesagt getan. Eine Probefahrt im Liegeradstudio tat das Übrige - tief & schnell. So wollte ich es. So bekam ich es auch.

Und nun wird HP Velotechnik vom Branchenverband VSF schon zum vierten Mal in Folge als Bester Fahrradhersteller Deutschlands ausgezeichnet. Siehste mal an - dass ich die richtige Wahl getroffen hatte, wusste ich sowieso schon nach den ersten Metern auf meinem neuen Gefährt. Aber auch offiziell mit dem besten Material unterwegs zu sein ... ist ... einfach ausgezeichnet.

Herzlichen Glückwunsch nach Kriftel - und weiter so!


Liegerad-Highlights 2008: Die besten Touren mit der Speedmachine

20 April 2009

Scavanger Hunt im Hamburger Hafen

... oder: Auf der Suche nach dem Goldenen Kalb. So oder so ähnlich könnte man den Sonntag beschreiben, der zunächst bescheiden anfing. Mit einem Sonnabend.

Früh schon kitzelte die liebe Sonne meine Nasenspitze: Der 200-km-Brevet, erste von 4 Langstreckenprüfungen zum Super-Randonneur, stand an.

Eine Tour bei schönstem Wetter von Hamburg-Horn hinaus nach Lübeck, ein mal an der Ostsee anklatschen bei Timmendorfer Strand und wieder zurück. Kinderspiel. 5:30 Uhr hieß es hierfür aufstehen.

Sagen wir es mal so: Ich hätte gewonnen. Ganz knapp, aber wirklich nur ganz knapp ...

Wenn ich nicht verschlafen hätte. Brevet verpatzt. Naja. 2010 ist auch noch ein Jahr ... aber so konnte ich wenigstens nach einer harten Arbeitswoche einmal wohlig schmatzend im warmen Bett ausschlafen. Hat ja auch was ...

Dafür aber versprach der Sonntag umso mehr Aktivität - eine Schnitzeljagd stand an. Meine liebe Freundin Simone, David, ein liegeradfahrender Kollege, und ich waren ganz heiß darauf, den ersten Platz bei der familienfreundlichen Schnitzeljagd durch den Hamburger Hafen zu gewinnen.

Die Stimmung war locker, freundlich, ebenso, wie das herrliche Wetter, als wir uns gegen 14 Uhr auf der anderen Seite des alten Elbtunnels wiederfanden. Dort hat sich der Verein FahrradKulturen angesiedelt - Enthusiasten, die historische Rennräder und allerlei velozipedische Kuriositäten aufarbeiten, pflegen und ausstellen. Interessant, was sich dort alles an Maschinen und Maschinisten fand.


Etwa 50 Teilnehmer - Einzelfahrer in Racing-Outfit, Familien mit Kleinkindern und Lastenrädern und bunt gemischte Teams noch bunterer Vögel sammelten sich, als wenig später von den Organisatoren die Streckenkarte ausgegeben wurde: 10 Punkte innerhalb des Hafen mussten angefahren werden. An jedem Punkt galt es, eine Aufgabe zu lösen. Die Reihenfolge war egal - Hauptsache, man würde am Ende alle Lösungen beisammen und die beste Zeit haben.

Und so fuhren wir los - guter Dinge. Die Stimmung war perfekt, das Wetter auch und so radelten wir den ersten Punkten entgegen. Dass dies alles gar nicht mal so einfach war merkten wir spätestens nachdem wir uns das dritte mal verfahren und unsere (schweren Räder) über die ein oder andere Treppe schleppen mussten. Etwas mehr Ernsthaftigkeit war angebracht.


Eine Ernsthaftigkeit, die kaum möglich war, denn was passiert, wenn ein Franzose - David, Airbus-Kollege aus Toulouse - versucht, ein Sprachrätsel auf Deutsch zu lösen, ist eine Köstlichkeit, deren Komik man sich nun beim besten Willen nicht entziehen kann.

Und so räkelten wir beide uns bequem in unseren Liegeräder - David in sein Toxy und ich in meine Speedmachine, die am heutigen Tage noch stolzer glänzte. Perfekter Smalltalk in Franglish mit deutschen Brocken, Sonne im Gesicht und Wind in den Haaren - was will man mehr?

Unsere Lady flankierend flogen wir auf unseren orangefarbigen Rössern auf der Schatzjagd durch allerlei Ecken und nie gesehene Enden des Hamburger Hafens: Einblicke und Ausblicke in einen Ort, der sich mal geschäftig surrend und oft auch gespenstisch leer, aber immer faszinierend präsentierte.

Dabei fanden wir es dann auch - das Goldene Kalb. Hierher hat es dieses Mysterium also verschlagen. Verstohlen zwischen zwei Brücken stand es da, versteckt fast schon mitten im Wasser eines verlassenen Fleets auf einem Poller einer wahrscheinlich im Krieg zerstörten Pfeilers. Es glänzte im Sonnenschein, blickte gen Westen aufs offene Meer und blökte still vor sich hin, die Helden der Schnitzeljagd grüßend, Tolles verheißend.

Wälder aus Kränen, Läger diversester Schifffahrtsunternehmen und Reedereien, mal chemisch stinkend mal würzig nach weiter Welt duftend, passierten wir ebenso, wie endlose Kaianlagen mit mehr oder weniger großen Schiffen und Booten.


Ein kleiner Ausflug in eine - ungeahnt idyllische - Ecke von Hamburg-Wilhelmsburg durfte hierbei ebenso wenig fehlen, wie ein romantischer Streckenabschnitt entlang eines verlassenen Hafenbeckens auf Sandwegen - Erinnerungen an die Kindheit wurden wach.

Das alles in wild-romantischer Kulisse des Hafens - belebte Industrie, Natur, die sich hier und da aus allen Ecken und Enden sprießend Teile des Areals zurück zu holen schien und immer dieses unterschwellige Brummen, ein Wummern, das man noch bis in die kleinste Magengegend spürte - Erinnerung daran, dass hier tausende Tonnen Waren im wichtigsten Hafen Deutschlands umgeschlagen werden. Ein Setting, das fasziniert und staunen lässt.

Und dann kam es, wie es kommen musste - nach (nur) 29 Kilometern und einigen Stunden (Irr-)fahrt durch den Hamburger Hafen waren wir soweit: Alle Punkte abgearbeitet, alle Prüfungen abgelegt, alle Spiele gespielt und alle Rätsel gelöst.

Nicht gerade früh, aber auch nicht als die letzten, flog unser deutsch-französisches Team beim Treffpunkt am Zoll-Checkpoint ein. Bei chilliger Musik, saftigem Grillgut mit selbstgebautem Kartoffelsalat und der wärmenden Nachmittagssonne wurden dann die (eigentlich beiläufigen, aber dann doch interessanten) Ergebnisse bekannt gegeben. Und auch hier gab es wieder Anlass zur Freude.


Unser gemischtes Liegerad-Damen-Team belegt dann doch immerhin noch den dritten Platz.

Ein wirklich gelungener Tag - Danke an die Veranstalter und ein Tipp für alle radenthusiastischen Hamburger und Hamburg-Touristen: Die Ausstellung FahrradKulturen direkt hinterm alten Elbtunnel.


Liegerad-Highlights 2008: Die besten Touren mit der Speedmachine

13 April 2009

Zum X-ten Mal: Rennrad vs. Liegerad

Heute stand mal wieder die Ehre auf dem Spiel. Jeder, der halbwegs ambitioniert Rad fährt, weiß, worauf ich anspiele. Und so siegesgewiss wie sonst, war ich heute nicht - das Einlauffoto täuscht. Denn heute, heute hatten sie mich. Aber nur beinahe. 3 Jungs. Rennräder. Stahlschweine.

Eigentlich ganz sympathisch, die drei - hanseatisches Understatement. Fast anarchisch, ihr Auftreten. Das mochte ich sofort. Die Klamotten schmucklos, schwarze Dreiviertel-Leggins, darüber Skateboard-Pluderhosen, keine bunten Helme mit Speed-Aufklebern, keine gestylten Angeber-Trikots der großen Markenhersteller und die Räder. Tja, die Räder - eben nicht edel und sauber im "schaut her, mein Carbonrenner ist mehr wert als Dein Wagen!"-Look. Ansprechend. Sympathisch.

Ich holte Sie ein in Rissen. Gerade den Scheitelpunkt meiner Trainingsrunde erreicht. Mir ging es nicht gut - die Erkältung gerade am Abklingen, der Osterverkehrs-Smog, dem ich tiefliegend im Straßenverkehr natürlich sehr exponiert ausgesetzt bin, tat das seine. Ich hustete. Augen tränen. Aber ich will nicht heulen.

Ich hielt neben ihnen. Einer sah sich um. Ich grüßte. Er nickte - aber nicht aus Höflichkeit. Eher aus Reflex. Dabei wirkte er so ... ertappt. Wie, als hätte er etwas Verbotenes getan. Schaute auch gleich, ob seine beiden Freunde das gesehen hatten. Wie peinlich, denke ich.

Und Schade. Dann wohl doch einer dieser arroganten Liegerad-belächelnden Rennradfuzzies, die nichts und niemanden neben sich auf der Straße dulden? Die Ampel ist immer noch rot. Die drei tuscheln. Grinsen. Einer dreht sich nochmal um. Muss fies lachen, als er sich wieder seinen Freunden zudreht. Lacht der mich etwa aus? Tut er wohl.

Eine Kampfansage also. Klare Sachlage. An diesem schönen Ostermontag.

Kein Problem, denke ich. So scheiße geht es mir auch nicht. Sollt Ihr haben!

Ich klicke meinen Schuh ein. Die Ampel wird gleich grün. Auch die drei Stahlschweine machen sich startbereit. Ob der Mercedes-Mensch hinter mir mitbekommt, was sich hier gerade anbahnt?

Gelb. Ich trete an.
Grün. Ich bin schon über die Kreuzung. Aber gebe nicht Vollgas. Denn die nächste Ampel, keine 200 Meter entfernt, wird noch etwa 20 Sekunden Rot sein. Die drei kommen heran. Ich kann Grinsebacke groß im Spiegel erkennen. Hinter ihm, etwas versetzt, zuckt sein Freund raus. Na? Wer will das lustige Liegerad zuerst überholen?

Ampel gelb. Vollgas. Jetzt zählt´s Jungs! Es folgt eine etwa 3 Kilometer lange Strecke an deren Ende ein langer Anstieg steht, das weiß ich. Dann erst geht es bergab. Ich fahre sie fast jeden Tag. Aber die drei Jung, sie scheinen es nicht zu wissen - denn sie treten rein, als sei das hier der Prolog der Tour de France. Hauen alles raus, was sie haben, scheint es. Und sie haben viel. Ich, ich habe vor allem schon 30 Kilometer speedy cruisin´ unten in meinen Waden.
Und ´ne Erkältung oben drin.

Grinsebacke im Wiegetritt, er nimmt Speed auf. Okay. Dann halt eben auf die harte Tour, denke ich. Und gebe jetzt auch alles. 35 km/h. 40 km/h. Der Abstand wird größer. Ich schaue immer wieder in den Rückspiegel. Muss mich konzentrieren - gestern ist mir bei einem solchen Ritt der rechte Fuß aus den Cleats gesprungen, von einer Sekunde auf die andere war ich im Ungleichgewicht, bin auf den Grasstreifen gekommen und bei 45 km/h torkelnd und halb fallend im rutschigen Gras gerade so einem Sturz entkommen.

Hier gibt es keinen Grasstreifen - nur einen scharfen Bordstein.
Und eine Menge Autos, die uns mit 20 cm Abstand überholen.

Ich trete rein, fliege über den Asphalt.
Die Stahlschweine scheinen es kapiert zu haben - Spacko ist wohl doch nicht so einfach zu knacken, was? Jetzt übernimmt ein anderer die Führung. Professionell, wie ich finde - so teilen sie sich die Arbeit im harten Wind. Ich habe keinen, der mir Windschatten macht. Also zucke ich ich jedes Mal, wenn mich ein Auto überholt hat - und Gott segne mich, wenn es ein Transporter ist! - nach links, um wenigstens ein paar Sekunden Windschatten zu haben.

Vorn sehe ich den Anstieg. Und ich weiß, dass ich hier nicht mit mehr als 22, vielleicht 25 km/h hoch komme - vielleicht schnell genug für die Lachgarde hinter mir. Aber mit Sicherheit zu langsam für die Blankeneser Ausflügler in ihren Blechkarossen. Und bei aller Liebe, was ich jetzt am wenigsten brauche, ist ein lautes Hupkonzert erzürnter Autofahrer.

Ich lenke also auf den Radweg - die drei denken, sie haben gewonnen. Der Liegeradler gibt auf? Verlässt das Kampfgebiet? Mitnichten, Jungens, mitnichten!

Der Radweg ist holperiger, bremst mich also ab. Aber auch sicherer. Mein Vorsprung ist mittlerweile auf vielleicht 200 Meter angewachsen. Ich nehme den langsam machenden Weg in Kauf. Trotzdem trete ich rein - weiche Löchern und erhöhten Gullydeckeln aus, fliege über rissigen Asphalt und - seit meinem neuem Tiller-Lenker fehlt die Klingel - brülle nicht gerade auf die feine Englische eine Oma und ihren Dackel von der Fahrbahn. Sorry, Ommsen, aber hier steht gerade die Ehre der Liegeräder auf dem Spiel.

Dann kommt die Steigung. Ich pumpe. Feurig heiß brennt die Luft in meinen Bronchien. Obwohl ich mich zurück lehnen und den Beinen komplett die Arbeit überlassen könnte, krümme ich mich im Sitz meiner Speedmachine zusammen, krampfe mich fest, als ob die Anspannung der Brustmukulatur noch mehr km/h heraus holen könnte.

Mit 26 km/h schieße ich den kurzen Anstieg hinauf - die Jungs sind heran gekommen, 100, vielleicht 70 Meter. Nächste Ampel - "Grün bleiben du Sau!" - fluche ich.
Und grün bleibt sie, ich springe vom Radweg hinab auf die Fahrbahn. Denn was jetzt kommt, das weiß ich, ist ein wunderbarer Kilometer Abfahrt nach Wedel.

35. Schnell wieder 40 km/h, dann 45 km/h. Die Stahlschweine sind nur noch ganz klein im Rückspiegel. Abgehangen. Gewonnen. Die Lachgarde war ´ne Lachnummer. Liegerad vs. Rennrad: Mal wieder zugunsten der bergauf ach-so-langsamen Liegeräder und ´nem kranken Herkulars. Geschafft, denke ich noch so, glücklich, als ich abbiege, gen Pinneberg.

Ich nehme mir vor, den Rest der Rückfahrt langsam anzugehen. Mich einfach an den zartrosa-farbigen Kirschbaumblüten zu erfreuen und - falls mich noch einmal Stahlschweine an einer Ampel auslachen sollten ... ich würde sie ziehen lassen.

Aber jetzt. Jetzt bin ich es, der grinst.

Gefahren: 60,59 km, davon 4 km mit drei Rennrädern am Arsch, in 2:08 Stunden und 28,3 km/h Schnitt


Liegerad-Highlights 2008: Die besten Touren mit der Speedmachine

07 April 2009

Der Scheiß mit dem Steiß

Ach großartig! Meine Schmerzen am Steiß wollen und wollen nicht vergehen - da hilft weder gut Zureden noch das großflächige Einspachteln mit diversen Schmerzsalben und Ibuprofen-Produkten. Selbst das mir so hochverehrte Traumaplant kann nix ausrichten.

Geprellt ist er, der Steiß. Es war beim Frontalaufprall in Övelgönne. Nicht weiter wild - so lernt der Speedmachinist die Lektion eben umso besser. Keine Frage. Aber was soll das - wie musste ich in diversen Medizinforen erfahren? Die Heilungsdauer einer Steißbeinprellung beträgt bis zu einem Jahr?!?

Ein Jahr? Ein ganzes Jahr?

Soll das heißen, ich bin erst im April 2010 wieder schmerzfrei? Kann mich erst dann wieder unbeschwert in den Sitz meines Liegerades gleiten lassen? Bodenwellen ohne verzerrtes Gesicht abreiten?

Also, Gott, das ist echt mal ein Konstruktionsfehler ...

Aber hey - auch mit Steißbeinprellung: Schmerzfrei bin ich allemal! In diesem Sinne, frohe Ostern!


Liegerad-Highlights 2008: Die besten Touren mit der Speedmachine

06 April 2009

Worauf ich mich freue ...

Worauf ich mich freue ... spielte ich am Samstag, als ich morgens um 9 Uhr meine Spedmachine auf den Asphalt setzte, mich in ihren Sitz gleiten ließ und hinausfuhr, in diesen diesigen Nebel, in diese kühle Frische, die nach nahendem Sommer riecht.

Worauf ich mich freue ... merkte ich, als ich - eine steife Brise im Rücken - durch die Haseldorfer Marsch flog, geradezu raste, getrieben von stetig schiebendem Tritt. Als ich singend zwei Rennradler überholte, die fröhlich zurück grüßten, ich immer schneller wurde und meine Waden freiwillig die Kadenz des Tritts steigerten. Ich nassen Fahrtwind im Gesicht spürte und der heiße Atem eine Zehntelsekunde am Glas meiner Sonnenbrille kondensierte, um sogleich wieder zu verschwinden.

Worauf ich mich freue ... stellte ich fest, als ich zwischen zwei Autos auf der Mitte der Fahrbahn mit 56 km/h nach Wedel hinab stieß, risikoreich mit viel zu wenig Abstand an der Stoßstange meines Vordermanns nagte und es genoß, wie sich CDU-Wähler beim gemächlichen Sonntags-Spaziergang im Mercedes 190 über das komische Fahrrad echauffierten, und dabei ihre schwarzen Köpfe so rot wurden.

Worauf ich mich freue ... frohlockte ich, als ich leichten Fußes die Blankeneser Berge mit 25 km/h hinaufstürmte, dort, wo mir vor wenigen Wochen noch die brennende Zunge aus dem Rachen lugte und schmerzend die Schenkel verkrampften.

Ich freue mich auf Dich, Hamburg, Deine Radwege, gerade die wenigen Abschnitte, bei denen Du glatt und schlaglochfrei asphaltiert und nicht zugeparkt bist. Ich freue mich auf Dein Grün, das ich überall nach viertelstündiger Fahrt sehen kann, auf Deine Wiesen und Felder, auf Deine Pferdekoppeln und Kuhweiden. Ich freue mich auf Deine schnellen Passagen, die kurzen, giftigen Abfahrten, die lang gezogenen Anstiege. Ich freue mich auf Deinen Hafen, diese Riesenpötte, die dem Liegerad winken, auf den Airbus, der surrend tief über den Liegeradpiloten hinwegdröhnt, die Finkenwerder-Fähre, die mich ins blühende Alte Land bringt, die Alster, bei deren Umrundung ich Touristen-Super-G spielend zwischen Joggern und Glotzern manövriere.

Ich freue mich, dass es endlich Sommer wird. Und ich hier sein darf.

Hamburg. Mein Heimathafen.

02 April 2009

Frühlingshassliebe

Steter Wind. Gegenwind. Doch heute, heute da tat er nicht weh. Sie flog in einen perfekten, kupfernen Sonnenuntergang. Sie schnurrte wie eine Katze mit den neuen Kettenblättern aus dem Liegeradstudio. Heute wollte sie. Sie wollte es heute reißen. Und ich, ich ließ sie machen. Wir beide freuten uns über den Frühling.

Aber was ist das nur für eine komische Hassliebe zwischen Liegeradlern und Rennradfahrern? Sie grüßen kaum. Schauen weg, wenn man ihnen entgegen kommt. Und hassen es, überholt zu werden. Aber, Liegeräder haben nun mal weniger Luftwiderstand. Das ist Physik. Ganz einfach. Nicht Absicht. Und hey, wirklich nicht böse gemeint.

Deswegen kann man doch aber mal kurz nicken. Nein? Doch? Nein.

So geschehen bei meiner neuen Feierabendrunde: 40 km raus nach Wedel und über Pinneberg, Rellingen back to Hamburg. Die Speedmachine flog mit kaum zu bremsenden 29 km/h die Blankeneser Berge hinauf. Der Rennradler hatte keine Chance. Abgehangen.

Dann steuerte der Speedmachinist sie die Wedeler Berge mit 54 km/h hinab. Rechts Autos überholt. Da hatte auch der zweite Rennradler keine Chance. Aber keine Sorge, auch Herkulars wird dann und wann überholt. Selten.

Perfektes Wetter. Perfektes Rad. Perfekte Runde.

Und an dieser Stelle mal ein herzliches Hallo + Dankeschön an die treuen Leser: Aachen, Wolfsburg, Köln, Berlin ... und ganz Deutschland. Schön, dass Ihr da seid.

Gefahren: 42 km in 1:25 h und 29,5 km/h Schnitt


Liegerad-Highlights 2008: Die besten Touren mit der Speedmachine