14 Mai 2009

Großkrampftag

Wow, das tat weh! Krämpfe in der Wade, Krämpfe im Oberschenkel, ein unangenehmes Ziehen im Fuß - und das gleich mehrmals. Sauschmerzhaft und einfach unnötig, so mitten in der Heide, weitab - und ungewohnt, dabei esse ich doch immer brav meine Magnesium-Kapseln.

Dreimal schlägt er heute zu, Captain Krampf. Ich bin gerade auf meiner Feierabendrunde, da erwischt es meine Wade zum ersten Mal. Komisch, dabei kann ich mich nicht entsinnen, während der letzten 8.000 km überhaupt wieder einen Krampf erlitten zu haben. Eigentlich nur bei meiner allerersten Fahrt in der HP Speedmachine - und dann ein paar mal letzten Sommer ... ? Und während ich so fahre und darüber nachdenke, durchzuckt es mich schon wieder schmerzhaft im Oberschenkel - dann heißt es Gesicht verzerren, rechts einordnen, Bein strecken, ausrollen lassen. Mehr kann ich nicht tun.

Dann langsam wieder anfahren, tranquillo, gemächlich. Schön ohne Druck, gleichmäßig kurbeln, nicht allzu viel Ambition in die Kette bringen. Ah, geht doch! Und kaum freue ich mich, huscht ein Grinsen über mein Gesicht, schalte freudig hoch um reinzutreten - ZACK! - schon brennt es wieder in der Wade. "Scheiße!"- rufe ich aus und beschließe, dann eben doch mal lieber langsam nach Hause zu kriechen.

Dort angekommen plündere ich meine Liegeradler-Apotheke. Gegen Krämpfe, da gibts doch was! Magnesium im Apfelsaft - und eine Eigenmassage mit Franzbranntwein.

Dann geht sie meist los, die Sauerei. Kennt Ihr das auch? Die Hände tropfen, die Hälfte vom fichtig duftenden Öl landet auf den Badezimmerfliesen (oder besser noch: im Sofa) und dann müsst Ihr mit den öligen Händen wieder die Flasche anfassen, nachschütten, aber die dadurch noch mehr eingesaute entgleitet Euch den Händen, am Ende hockt Ihr in einer Pfütze aus Franzbranntwein, die Wohnung riecht wie die geriatrische Klinik, in der Ihr Euren Zivildienst abgeleistet habt - und Eure Schenkel sind noch immer trocken.
Nein, Speedmaschinisten wie unsereiner hat es bei der Eigenmassage beanspruchter Glieder gewiss nicht einfach!

Ich probiere da etwas Neues: Franzbranntwein als Gel.

Ich habe mir gleich zwei gekauft. Markenware (man gönnt sich ja sonst nichts) und - na klaro - von Klosterfrau (wir wollen in der Krise ja kein billiges No-Name-Gel aus Fernost kaufen).

So bringe ich das Klosterfrau Mobilind Aktiv Gel "Latschenkiefer" auf das rechte und Klosterfrau Venengold Bein-Gel auf das linke Bein. Die schmuddelige Flasche mit dem duftenden Öl bleibt im Regal.

Zuächst das Sport-Gel. Es sieht einfach lecker aus - so, wie ich das mag. Das lindgrüne Gel kommt sexy aus der Tube gedrückt, funkelt und glänzt wie eine Wurst aus zartem Smaragd auf meiner Haut. Dort, wo es sie berührt, setzt sofort der kühlende Effekt des Latschenkiefers und des Alkohols im Franzbranntwein ein. Ein intensiver Duft, als habe man tausend brandenburger Kiefernwälder in dieser Tube konzentriert, verstömt sofort und schmeichelt meiner Nase.

Das Gel lässt sich gut verteilen - und, welch´ Freude - nichts tropft, nichts saut das Sofa ein, alles bleibt da, wo es hin soll. Und das Beste an der ganzen Sache: Ich kann das Gel (wenn ich wollte) zentimeterdick auf meine Waden geradezu aufspachteln - manchmal muss es eben mehr sein.

So reibe ich sie ein. Massieren, das merke ich schnell, geht nicht so gut. Dafür ist Öl einfach der bessere Schmierfilm. Aber ich bin ehrlich gesagt auch zu faul - wenn, dann sollte so etwas sowieso eine fingerfertig talentierte Blondine übernehmen. Ist meine Meinung.

Nun, da mein rechtes Bein versorgt ist, widme ich mich dem linken. "Mit Rosskastanie" steht auf der Tube. Klingt ein wenig nach Krampfadergeschwader und Sudoku-Fraktion - but I´ll give it a try.

Klar und durchsichtig ist das Gel, nicht so sexy, nicht so grün. Wenn ich es anschaue, vergrößert der Lupeneffekt meine Poren im Knie. Es fässt sich gut an, nicht ganz so fest wie das Sport-Gel, nicht ganz so intensiv - weniger Franzbranntwein?

Da kommt ein Luftzug auf meine Beine. Und ich merke es: Während das Rechte fast augenblicklich zu einer Säule massivem Eis zu erstarren scheint - der Kühleffekt des Franzbranntweins - kitzelt es mich im Linken nur zart, die Rosskastanie, die ich großzügig vor allem auf dem gebeutelten Oberschenkel aufgetragen habe, knistert kurz, aber zieht schnell in die Epidermis ein. Weg von der Oberfläche. Da hin, wo es weh tut. Ah, ein Genuss!

So sitze ich da - die Beine klebrig, das linke noch dazu in Kaltestarre - und warte.

Übrig bleibt nach 15 Minuten ein gutes Gefühl, etwas für meine geschundenen Muskeln getan zu haben. Sowohl der Latschenkiefer als auch die Kastanien haben ganze Arbeit geleistet, habe ich so den Eindruck.

Gut tun beide Gele. Das kann ich schon einmal sagen - Das Sport-Gel ist tatsächlich um Einiges stärker, aber das mag nur der subjektive Eindruck sein, denn das geniale Grün und der intensive Franzbranntwein-Geruch sorgen für einen brutalen Kühlungseffekt und damit bleibende Erinnerungen.
Aber die Rosskastanie, diese feine Rosskastanie, so habe ich den Eindruck, hat auch ganze Arbeit geleistet. Wer hätte das gedacht, von so einem kleinen, braunen Bällchen.

Tja, schauen wir mal, wann ich die Tuben das nächste mal rausholen muss - ich hoffe, nicht allzu früh. Denn das Fahren eines Liegerades, das steht man fest, macht immernoch am meisten Spaß, wenn der Ko-Pilot Mr. Speed und nicht Captain Krampf heißt.


Gefahren: 48 km in 1:43 Stunden und 28 km/h Schnitt (dann doch)

Liegerad-Highlights 2008: Die besten Touren mit der Speedmachine

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