22 November 2009

Schäm Dich!

... sollte man sagen, wenn man erführe, dass ich nun schon das dritte Wochenende versuche, mein 10-Stunden-Training zu absolvieren.
Erfolglos.

Daran konnte auch heute der grinsende Morgenkaffee nichts ändern.

Hintergrund der ganzen Aufregung ist eine Idee. Ich möchte wissen, ob es möglich ist, an einem Tag mit einem niedrigen Schnitt (und damit niedriger Wattzahl und Herzfrequenz) 10 Nettostunden zu fahren. Was bei einem 20er Schnitt bei mir 90 Watt und 120 Bpm ausmachen würde.

Theoretisch machbar. Aber praktisch?

Vor allem - das ganze dann nicht nur an einem Tag, sondern an mehreren. Vielen. Hintereinander.
Also gut. Das ganze dann halt mal im Trockenen testen. Zuhause. In der Tacx-Rolle. Klaro.

An den Abenden vorher ist immer alles kar: Handtücher, Bananen, Drinks, Power-Gels und allerlei andere Utensilien lege ich mir bereit. Die Klamotten zum sind zum Reinschlüpfen vorbereitet und alles ist auf Go. Dann stelle ich mir den Wecker: 6:30 Uhr, hart aber naja, und gehe früh ins Bett.

Nächster Morgen.
6:30 Uhr. Wecker klingelt.
Und ich? Ich mache ihn aus. Denke mir: "Leck mich am Arsch! Ich hatte eine so harte Woche, da stehe ich doch nicht halb sieben auf!?!"

Nichts mit lecker Power-Gel. Mit Energie-Bananen. Mit 10-Stunden-Training.

Und da das nun heute zum dritten mal in Folge passiert ist, wird mir eines immer klarer: Bevor es um körperliche Leistung, um anaerobe Bereiche, Laktatschwellen und Netto-Schnitte geht, sollte der geneigte Radfahrer, egal, ob MTB, Rennrad oder Liegerad, erst einmal seinen eisernen Willen stählen.

Nur wie um alles in der Welt kann ich mich dazu bekommen, am verdienten Wochenende nicht auf mein Recht auf Ausschlafen zu pochen, sondern mich in meine Speedmachine zu legen und den ganzen Tag zu schwitzen?

Weniger Damenbesuch, das wäre mal ein Anfang.

Na, wenigstens bin ich heute zweieinhalb Stunden gefahren. Ein Anfang.
Vielleicht schaffe ich am nächsten Wochenende mal die 5 Stunden-Marke.
Um dann, quasi als Weihnachtsgeschenk, die 10 Stunden zu machen.


Mit dem Liegerad durch Japan - Neue Etappe online.

5 Kommentare:

Olli hat gesagt…

Nicht umsonst haben viele RAAM Fahrer in ihrem Team auch Psychologen. Mir fällt eine Stunde auf der Rolle deutlich schwerer als zwei Stunden auf der Straße - die Barriere sitzt im Kopf, der Körper macht Dir in dem Leistungsbereich keinen Strich durch die Rechnung (doch, aber erst nach 'ner Woche am Stück).

Bei meiner Reise nächstes Jahr steht die Motivationsfrage in den sich über hunderte von Kilometern kaum ändernden Wäldern Norschwedens auch ganz oben auf der Liste der größten u überwindenden Probleme (naja, Platz eins wird immernoch vom Punkt "Ernährung" gehalten).

velolars hat gesagt…

Hi Lars und Olli,

ich kann zu dem Thema das Buch "sieh diese Erde leuchten" von Tilmann Waldthaler empfehlen. Der macht das schließlich schon ewig. Da steht drin, dass es zunächst garnicht darauf ankommt, große Strecken zu fahren, sondern dass man sich eine gewisse Grundhaltung zulegen muss. Man soll IMMER fahren, egal, ob es stürmt oder schneit oder die Sonne scheint. Das soll helfen. Von daher bringt der tägliche Weg zur Arbeit, konsequent gefahren, wirklich was. Ob mangelnde Motivation bezügl. Training allerdings wirklich was mit früh aufstehen zu tun hat wage ich zu bezweifeln. Im Urlaub stehst du doch auch früh auf :-). Mich würde ein Rollentrainer auch garnicht reizen, da würde ich lieber joggen gehen.

Unknown hat gesagt…

moin olli, moin larsen,

olli, das sehe ich genauso. der kopf ist das problem. meiner erfahrung nach leistet der körper unglaubliches, selbst in bereichen, die das bewusste selbst gar nicht mehr für möglich hält.

aber nun hat man eine harte, stressige agenturwoche hinter sich, neben einem, im kuschelig-warmen bett liegt eine nette dame - himmel, wer bitteschön steht denn dann an einem sonntag um 6 uhr auf, nur um sich 10 stunden abzurammeln? (also, auf der rolle).

nee, das macht niemand.

larsi, tilmanns buch ist pflichtlektüre und befindet sich naturelement in meinem schrank. :-)
er hat gut reden, denn er macht ja auch NICHTS anderes, als radfahren.
zudem: ich hatte eine harte saison mit knapp 10 T km und als krönenden abschluss japan. und das land hat mir nen knacks versetzt, den ich auch erst mal loswerden muss.

ich bin es schlicht zu schnell und zu hart angegangen, ohne mir eine regenerationsphase zu gönnen.

bzgl. rollentraining - hast du schon einmal rolle trainiert? ich würde vorsichtig sein mit schnellen urteilen. die rolle bietet trainingsmethoden, die du auf der straße nie hast: konstante, kontrollierte leistungsabgabe, dosiert und gemessen, quasi laborbedingungen. das macht irre spaß, wenn man es mit system betreibt und anhand von daten & graphen tatsächlich SIEHT, wie man sich verbessert (naja, oder verschlechtert).

buchlesen, musikhören und telefonieren beim radeln hat übrigens auch was.

ich finde die rollensaison nach einer ausgewogenen "draußensaison" immer sehr abwechlungsreich & spannend, weil es eben ganz anderes training ist.

aber nie langweilig ...

grüße, L

velolars hat gesagt…

Hm, ich glaube du sprichst da verschiedene Aspekte des Trainings an. Eine Regenerationsphase von ca. 1 Monat (oder mal das Handgelenk brechen;-)) ist wahrscheinlich garnicht so verkehrt, um den Körper mal ausruhen zu lassen. So ein Training ist ja auch was anderes, als jeden Tag zur Arbeit und zurück zu fahren (das spielt sich ja doch eher im Kurzstreckenbereich ab, relativ gesehen).

Die andere Seite ist der mentale Aspekt. Da musst du dir tatsächlich eine geistige Haltung zulegen, die dich motiviert, 10 h auf der Rolle zu trainieren. Dass Rollentraining Spaß machen kann, sehe ich ein, ich bin auch von Natur aus ein Zahlenfreak. Aber soviel Spaß kann es ja dann doch nicht machen, oder warum stehst du früh auf und machst HM und KM ohne Ende im Urlaub und auf der Rolle fällt es dir schwer, aufzustehen (schieb das jetzt bitte nicht wieder auf die Dame)?
Ich meine: zum Training und zur Kontrolle ist eine Rolle sicherlich gut, aber um so ein Vorhaben zu "simulieren", wäre es vielleicht doch einfacher, mal rauszugehen und auf der Straße zu fahren.

Oder du brauchst eine andere Motivation. Vielleicht kannst du die Dame bitten, das nächste Mal nur dann vorbeizukommen, wenn du die 10 h weg hast? Oder lohnt sich das dann nicht mehr :-D ?

Viele Grüße und lass dir deswegen keine grauen Haare wachsen

Lars

Unknown hat gesagt…

das problem ist bei mir eher die über-motivation.

das phänomen des übertrainings ist ja getrieben von zu hohem ehrgeiz, von scham- und schuldgefühlen, wenn man mal icht trainiert. da kann es passieren, dass man sich schnell seine kondition mit zu hartem und zu intensivem training versaut.

insofern ist es körperlich bei mir vollkommen okay, wenn ich es langsam angehe.

ein monat regenerationsphase nach einem harten jahr ist zudem sowieso zu wenig. eher zwei monate. die profis lassen es ja auch eher sehr langsam angehen.